Massiver Sonnensturm trifft die Erde
Washington/Katlenburg-Lindau (dpa) - Ein besonders starker Sonnensturm hat am Donnerstag die Erde getroffen - und könnte weitreichende Folgen haben. Wie die US-Wetterbehörde NOAA mitteilte, traten erste Störungen im Funkverkehr bei Flügen über den Polen auf.
Nennenswerte Ausfälle bei Stromnetzen und GPS-Navigationsgeräten wurden zunächst nicht bekannt. Wissenschaftler sorgten sich um Satelliten. Über dem Norden Europas wurden abendliche Polarlichter erwartet; in Teilen Russlands war das Himmelsphänomen schon zu sehen.
„Alle Stromnetz-Betreiber sind informiert“, berichtete der US-Meteorologe Joe Kunches. Der geomagnetische Sturm könne Navigationsgeräte in die Irre führen. Die Auswirkungen dürften auch am Freitag andauern.
Der Sturm sei deutlich stärker als derjenige, der Ende Januar die Erde traf, sagte Werner Curdt vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) im niedersächsischen Katlenburg-Lindau. Experten erwarten, dass die Eruptionen in den nächsten Monaten noch zunehmen. Im Mai 2013 soll es die stärkste Aktivität geben - aus den Außenschichten der Sonne werden dann besonders oft große Gaswolken ins All geschleudert. Ein relativ schwacher Sturm sei schon am Mittwochabend messbar gewesen, erklärte Paolo Ferri vom Raumflugkontrollzentrum Esoc der europäischen Raumfahrtagentur Esa. Bislang seien keine Schäden an Satelliten bekannt, sensible Geräte seien vorsichtshalber schon am Mittwoch abgeschaltet worden. Schwierig sei es derzeit, die Lageregelung der Raumsonde „Venus Express“ zu kontrollieren.
Die Eruption in der Nacht zum Mittwoch habe in der linken Sonnenhälfte gelegen, sagte Curdt. Das Gebiet auf der Sonne, in dem die aktuelle Eruption erfolgte, sei weiter aktiv. Es liege jetzt etwa auf der Sonnenmitte - an diesem Wochenende sei deshalb die Wahrscheinlichkeit für gewaltige Sonnenstürme, die die Erde direkt treffen, am höchsten.
„Es gibt zwei Probleme mit den Satelliten“, sagte Ferri. Manche Satelliten wie das Weltraumteleskop „Integral“ hätten sensible Geräte an Bord, die mit Hochspannung arbeiteten. „Und die reagiert sofort und sehr dramatisch.“ Die Geräte würden deshalb bei einer Sonnensturm-Warnung sofort abgeschaltet. „Das haben wir gestern schon gemacht mit "Integral".“ Die Vorhersage von Sonnenstürmen, die auf die Erde zurasen, habe sich in den vergangenen Jahren sehr verbessert - und die Gefahr für Schäden an Satelliten damit verringert.
Das zweite Problem sei, dass die Lage mancher Satelliten über spezielle Sternensensoren gesteuert werde. „Diese Sternensensoren werden praktisch blind, wenn dieser Sturm geladener Partikel kommt. Im Moment erleben wir das bei "Venus Express".“ Die Raumsonde fliege um die Venus, die Intensität des Sonnensturms sei dort noch stärker. Ausweichend könnten Radiosignale zur Lagesteuerung genutzt werden - das sei aber sehr aufwendig und nicht so präzise.
Die Sonnenaktivität schwankt im Rhythmus von etwa elf Jahren und nimmt seit 2010 wieder zu. Der aktuelle Sturm ist nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa der zweitstärkste des aktuellen Sonnenzyklus. In den nächsten Monaten stünden noch mehrere stärkere Sonnenstürme bevor - wie viele genau, sei aber unklar.