„Shenzhou“ leitet deutsch-chinesische Kooperation ein

Peking (dpa) - Mit einer deutschen Versuchsanlage an Bord ist das chinesische Raumschiff „Shenzhou 8“ erfolgreich ins All gestartet. Eine Rakete vom Typ „Langer Marsch 2F“ brachte das „Magische Schiff“ am Dienstagmorgen Ortszeit vom Raumfahrtbahnhof Jiuquan in der Wüste Gobi aus in eine Umlaufbahn.

Nach 20 Minuten erreichte das unbemannte Raumschiff seine vorgesehene Geschwindigkeit. Es jagte damit knapp 10 000 Kilometer hinter dem Weltraummodul „Tiangong 1“ her - in den nächsten zwei Tagen soll ein Rendezvous im All versucht werden. Das erste chinesische Andockmanöver ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum geplanten Bau einer Raumstation bis 2020.

Die Flugkontrolle verkündete den „vollen Erfolg“, nachdem die Sonnensegel problemlos ausgeklappt werden konnten. „Es war ein Bilderbuchstart“, berichtete der Forschungsleiter des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Peter Preu, telefonisch vom Startplatz in der Provinz Gansu in Nordwestchina der Nachrichtenagentur dpa in Peking. Mit der „Simbox“ genannten deutschen Experimentieranlage schlagen Deutschland und China ein neues, gemeinsames Kapitel in der Weltraumforschung auf. Sechs deutsche Universitäten sind beteiligt.

„Es hat alles sehr, sehr gut geklappt“, sagte Preu. Das Raumschiff startete durch eine Wolkendecke am nächtlichen Himmel. Die deutsche Delegation habe „kräftig Beifall geklatscht“, so Preu. „Es war eine tolle Stimmung.“ Mit der deutschen Anlage für 17 biologische und medizinische Experimente werden die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf Organismen erforscht. Nie zuvor ist ein nicht-chinesisches Forschungsgerät auf einem chinesischen Raumschiff mitgeflogen.

Die chinesische Seite wolle die Zusammenarbeit mit den Deutschen in Zukunft ausbauen, berichtete Preu. „Es wurde betont, dass es ein sehr wichtiger Schritt in Chinas Kooperation mit anderen Ländern ist.“ Die Organisation sei bestens gewesen. „Unsere chinesischen Kollegen tun alles, damit das Projekt ein Erfolg wird.“ Nach der Landung von „Shenzhou 8“ am 17. November in der Inneren Mongolei solen die Proben von einem Bergungsteam mit einem Hubschrauber direkt zu Untersuchungen in ein Labor nach Peking gebracht werden.

Hauptzweck des 17-tägigen Fluges ist allerdings das Rendezvous im All. Das „Magische Schiff“ soll - vom Boden aus ferngesteuert - in 343 Kilometern Höhe an das Raummodul ankoppeln. „Es ist ziemlich schwierig und riskant“, sagte die Sprecherin des Raumfahrtprogramms, Wu Ping. Im nächsten Jahr sind zwei weitere Flüge geplant. Mindestens einer wird bemannt sein. Dann sollen erstmals Astronauten, darunter möglicherweise zwei Frauen, den „Himmelspalast“ für längere Zeit wie eine Mini-Raumstation bewohnen.

China hinkt gleichwohl noch weit hinter anderen Raumfahrtnationen her. Das erste Andockmanöver hatte 1966 das amerikanische Raumschiff „Gemini 8“ absolviert. Mit einem Erfolg von „Shenzhou 8“ würde China allerdings zu den USA und Russland aufschließen. „Andocken ist schwierig, weil es präzise Kontrolle der Position und der Geschwindigkeit erfordert“, sagte der australische Experte Morris Jones. „Wenn es jetzt klappt, wird es beim nächsten Mal einfacher, weil sich die Technologie bewährt hat.“

Mit acht Tonnen ist die Testplattform „Tiangong 1“ viel kleiner als etwa das US-Raumlabor „Skylab“ von 1973 mit 80 Tonnen. Chinas künftige Raumstation soll rund 60 Tonnen umfassen. Nach dem Auslaufen der Internationalen Raumstation ISS bis 2020 wäre China dann das einzige Land, das eine ständige Präsenz im Weltall hat.

„Shenzhou 8“ und „Tiangong 1“ seien vor allem technologische Testflüge, sagte der Astrophysiker Sun Kwok von der Universität Hongkong. „Ihr Ziel ist, unabhängige Raumfahrttechnologien in einer unteren Erdumlaufbahn zu testen.“ Wenn demnächst Astronauten mit von der Partie sind, werde es gefährlicher. „Bemannte Flüge haben immer ein besonderes Risiko“, sagte Kwok. „Die Chinesen wollen wahrscheinlich in kleinen Schritten vorgehen, um jeweils ein paar Technologien zu testen.“