Übler Mundgeruch schützt Raupen vorm Gefressenwerden

Jena (dpa) — Mit einer Art Mundgeruch schützen sich die Raupen des Tabakschwärmers davor, von Wolfsspinnen gefressen zu werden.

Eine Teil des Nikotins aus den Tabakblättern gelange in das Insektenblut und werde über kleine Öffnungen in der Haut gewissermaßen ausgeatmet, berichten Biologen vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena in den „Proceedings“ der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS). Das sei eine übelriechende Warnung an die Räuber, die die Spinnen abschrecke.

Raupen auf nikotinfreien Tabakpflanzen fräßen die Spinnen durchaus, ebenso solche, bei denen das Gen für ein bestimmtes Verdauungsenzym ausgeschaltet wurde. In der Folge gebe der Schmetterlingsnachwuchs kaum bis gar keine übelriechende Warnung ab, schreiben die Forscher.

Das Team um Ian Thomas Baldwin erforscht seit Jahren die Raupen des Tabakschwärmers. Der Schmetterling kommt in Nord- und Südamerika vor und ernährt sich vor allem von Tabakpflanzen. Den Forschern fiel auf, dass nachts besonders viele Raupen vertilgt wurden, wenn diese auf mittels Gentechnik nikotinfrei gemachten Tabakpflanzen saßen. Wolfsspinnen der Art Camptocosa parallela hatten sie gefressen.

Bei einer aufwendigen Untersuchung fanden die Forscher nun den Grund dafür heraus: Normalerweise fressen die Tabakschwärmer-Raupen Blätter von Tabakpflanzen, die reichlich Nikotin enthalten. In den Zellen des Mitteldarms wird dann ein Gen mit der Bezeichnung CYP6B46 angeschaltet. Daraufhin wird ein bestimmtes Protein hergestellt, das wie ein Verdauungsenzym wirkt: Cytochrom P450 6B46.

Dieses Protein sorgt dafür, dass etwa 0,65 Prozent des verdauten Nikotins vom Mitteldarm in die sogenannte Hämolymphe abgegeben wird. Die Hämolymphe ist die Körperflüssigkeit bei wirbellosen Tieren, die keinen geschlossenen Blutkreislauf haben. Über fein verzweigte Kanäle der Haut wird das Nikotin dann gewissermaßen ausgeatmet.

In einem Experiment wurde dieser Fressschutz-Mechanismus nochmals überprüft: Einige Raupen wurden auf speziell präparierten Tabakpflanzen ausgesetzt, die zwar Nikotin enthielten, aber dafür sorgten, dass in den Raupen das Gen CYP6B46 stillgelegt wird. Daraufhin wurde deutlich weniger Nikotin in die Hämolymphe übertragen. „Deswegen stoßen CYP6B46-stillgelegte Larven weniger Nikotin aus und werden leichte Beute für Spinnen“, schreiben die Forscher. 25 von 50 solchen Larven überlebten die Nacht nicht — während 40 von 50 Larven auf normalen Tabakpflanzen die Nacht überstanden.