WHO: 422 Millionen Diabetiker weltweit
Genf (dpa) - Die Zahl der Diabetiker weltweit hat sich nach Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 1980 von 108 Millionen auf etwa 422 Millionen nahezu vervierfacht.
Der Anteil an der erwachsenen Bevölkerung sei global von 4,7 Prozent auf 8,5 Prozent im Jahr 2012 gestiegen, teilte die Organisation zu ihrem ersten globalen Diabetes-Bericht mit. „Das reflektiert eine Zunahme von Risikofaktoren wie Übergewicht und Fettleibigkeit“, hieß es. „Beat Diabetes“ (Schlagt Diabetes) ist in diesem Jahr das Motto des Weltgesundheitstages am 7. April.
Die Stoffwechselkrankheit sei längst nicht mehr vor allem ein Problem reicher Länder, sondern in Regionen mit mittleren und geringeren Einkommen stark auf dem Vormarsch, erklärte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan.
Allein 2012 starben den WHO-Daten nach 1,5 Millionen Menschen an direkten Diabetes-Folgen - 80 Prozent von ihnen in Ländern mit geringen oder mittleren Einkommen. Dort können viele Menschen die Medikamente kaum bezahlen und die Krankheit wird oft sehr spät oder gar nicht diagnostiziert.
Bei 2,2 Millionen weiteren Todesfällen im Jahr 2012 hätten ein zu hoher Blutzuckerwert und damit verbundene Risiken wie Herzkrankheiten eine Rolle gespielt. Ohne Gegenmaßnahmen werde Diabetes in den kommenden Jahren zu immer mehr Todesfällen führen und spätestens 2030 zu den sieben weltweit häufigsten Todesursachen gehören. Die UN-Sonderorganisation rief aus diesem Grund zu verstärkter Vorbeugung und verbesserter Früherkennung auf.
In der Bundesrepublik gibt es nach Angaben der Deutschen Diabetes-Hilfe derzeit rund 6 Millionen Menschen mit Diabetes, wobei etwa jeder Fünfte noch gar nicht von seiner Erkrankung wisse. Jeden Tag gebe es in Deutschland fast 1000 Neuerkrankungen. Beim weitaus größten Teil aller Fälle handelt es sich laut WHO um den Typ 2. Anders als die vergleichsweise seltene Autoimmunerkrankung Diabetes Typ 1 wäre Typ 2 oft vermeidbar.
Als maßgebliche Ursachen sehen Experten ungesunde Ernährung und eine dadurch mitverursachte Fettleibigkeit sowie mangelnde Bewegung an. Die WHO empfiehlt allen Staaten, auf eine stärkere Vorbeugung zu drängen und bessere Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Besonderes Augenmerk müsse auf die Diabetes-Vorsorge bei Kindern gerichtet werden, forderte das Deutsche Kinderhilfswerk. Wichtig seien Gelegenheiten zum freien, möglichst selbstbestimmten und gemeinschaftlichen Spielen. „Vor allem in der Schule muss Bewegung mehr gefördert werden“, betonte Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann. In den meisten Bundesländern stünden nur noch zwei Sportstunden in der Woche im Lehrplan, zudem falle jede vierte Sportstunde aus. „Das muss sich ändern.“
Angesichts der angespannten Lage auf dem urbanen Wohnungsmarkt sei zudem vor Fehlern in der Stadtplanung zu warnen, hieß es vom Kinderhilfswerk weiter. Mit weiterer Verdichtung und Versiegelung drohten für Kinder und Jugendliche wichtige Freiflächen und Spielmöglichkeiten verloren zu gehen.
„Einfache Maßnahmen der Lebensführung haben sich als effektiv zur Verhinderung oder Verzögerung der Typ-2-Diabetes erwiesen“, heißt es in den WHO-Materialen zum Weltgesundheitstag. „Das Diabetesrisiko kann durch die Gewährleistung eines normalen Körpergewichts mit Hilfe regelmäßiger physischer Aktivitäten und einer gesunden Ernährung reduziert werden.“
Wichtig für die Diabetes-Bekämpfung sei, dass die Krankheit so früh wie möglich erkannt und konsequent behandelt wird - mit Medikamenten ebenso wie über einen veränderten Lebensstil. „Je länger ein Mensch mit einer nicht behandelten Diabetes lebt, desto schwerwiegender die gesundheitlichen Folgen“, heißt es in der Studie. Deshalb müsse es mehr Möglichkeiten zu Blutzuckertests geben.
Erklärtes Ziel der 194 WHO-Mitgliedstaaten sei es, frühzeitige Todesfälle durch nichtansteckende Krankheiten - darunter Diabetes - bis 2030 um ein Drittel zu reduzieren, erklärte Margaret Chan. „Dafür brauchen wir stärkere Beiträge nicht nur verschiedener staatlicher Stellen, sondern auch der Zivilgesellschaft und der Diabetiker selbst, ebenso wie von Nahrungsmittelproduzenten sowie von den Pharma- und Medizintechnikfirmen.“