Wohnrecht nach Bluttat? Bizarrer Streit vor BGH

Karlsruhe (dpa) - Ein Mann, der seinen Bruder getötet hat, darf zwar auf das Wohnrecht in dessen Haus pochen. Einziehen darf er im konkreten Fall aber wohl nicht. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe (Az.

Foto: dpa

V ZR 208/15).

Ihm lag ein Fall aus Leipzig zugrunde: Ein Mann hatte dort vor knapp vier Jahren nach einem Streit seinen Bruder erstochen. Er wurde deshalb wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen sein Wohnrecht in dem Haus, in dem noch immer die frühere Frau des toten Bruders lebt, hatte die 80-jährige Mutter geklagt. Vor dem BGH war sie nun teilweise erfolgreich.

Die höchsten deutschen Zivilrichter wiesen zwar ihre Revision gegen zwei Urteile zurück, die dem Täter das Wohnrecht trotz der Bluttat zugestehen. „Ein Anspruch der Klägerin auf Aufgabe des Wohnungsrechts besteht nicht“, entschied der BGH. Weil es aber nicht zumutbar sei, mit dem Täter unter einem Dach zu leben, wies er einen Ausweg: Wenn die von der Tat betroffenen Bewohner nicht mehr mit dem Mann zusammenleben wollten, „muss der Berechtigte dem Rechnung tragen“ - indem er die Wohnung nicht mehr selbst nutzt, sondern zum Beispiel vermietet.

Dass die Familie den Täter nicht mehr im Haus haben will, machte der Halbruder der beiden Männer klar. Dies sei im Sinne der Mutter undenkbar: „Sie hat ihren Sohn durch den anderen Sohn verloren“, sagte er am Freitag am Rande der BGH-Verhandlung.