Wolga, Lada und Ural - Auf Ostblock-Oldtimer wartet das Museum

Harnekop (dpa) - In Harnekop steht nicht nur ein alter Atombunker, sondern auch eine der größten Sammlungen alter Ostblock-Fahrzeuge. Sie gehört einer Familie, die aus dem imposanten Fuhrpark jetzt ein Museum machen will.

Es gibt einige Oldtimer-Museen in Deutschland, aber der Fuhrpark von Familie Brunner ist wohl einzigartig. Ob NVA-Trabant, ukrainischer Polizei-Lada oder ein Paradewagen aus dem Stab Erich Honeckers: Was die Brunners auf ihrem Grundstück in Harnekop in Brandenburg stehen haben, lässt die Herzen von Ost-Nostalgikern höher schlagen.

An die 75 Autos und Laster sowie 90 Motorräder umfasst die Sammlung, Kenner sprechen von einer der größten Sammlungen von Fahrzeugen des ehemaligen Ostblocks überhaupt. „Und fast alle sind noch fahrtüchtig“, sagt Alex Brunner bei einem Rundgang.

Untergestellt sind die Exponate auf dem Gelände, auf dem sich einst die Hauptführungsstelle des DDR-Verteidigungsministeriums befand. Direkt nebenan liegt ein Atombunker. Unter der 4,50 Meter dicken Betondecke sollte die DDR-Armeespitze einen Nuklearangriff des Westens überstehen - und den Gegenschlag organisieren. Heute gibt es regelmäßig Führungen durch den Bunker.

Auf dem Ex-Kasernengelände öffnet Brunner die Motorhaube einer schwarzen Limousine der Marke Wolga mit Blaulicht auf dem Dach. „Den hat die Stasi gefahren“, sagt der 31-Jährige. Die Spitzel waren wohl gerne schnell unterwegs. Der Original-Motor des Wolga 31 sei ausgetauscht und durch einen V6-Motor von Volvo ersetzt worden, erklärt der Kfz-Mechaniker, der in Berlin für einen großen deutschen Autohersteller arbeitet.

Viele Fahrzeuge in Harnekop haben ihre ganz spezielle Geschichte. Manche reichen bis in die 1950er Jahre zurück. Andere Karossen wurden kurz vor dem Fall des Eisernen Vorhangs gebaut. Fast werksneu sind zwei russische Lkw der Marke Ural aus Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA). Jeder ein Koloss, mit sieben Litern Hubraum. „Einer ist 1300 Kilometer, einer 11 000 Kilometer gelaufen. Das ist nichts“, sagt Alex Brunner und geht weiter zu einem Sil 157. Der olivgrüne Laster ist ein Filmstar, er war in „Stalingrad“ zu sehen. Andere Fahrzeuge, die in Harnekop stehen, spielten in „Good Bye Lenin“ oder „Polizeiruf 110“ mit.

Aufgebaut hat den imposanten Fuhrpark Vater Lothar Brunner, der in Ost-Berlin eine Altauto-Annahmestelle hatte. Nach der Wende begann er auch privat damit, Fahrzeuge zu sammeln. Zusammen mit Ehefrau Galina baute er den Fuhrpark immer weiter aus. In der Stadt war natürlich zu wenig Platz für die vielen Autos und Motorräder. 2008 konnte die Familie dann das große Kasernengelände in Harnekop erwerben und die alten leerstehenden Hallen mit ihren Ost-Mobilen füllen.

Vor einem Jahr nun starb Vater Lothar völlig unerwartet, er wurde nur 61 Jahre alt. Jetzt überlegt die Familie, wie sie die riesige Sammlung bewahren kann. Denn dass sie sie bewahren will, das stehe fest, sagt Witwe Galina Brunner entschlossen. „Es ist ja nicht nur eine Sammlung, es ist unser Lebensinhalt.“

Vor allem wolle man die Exponate einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, sagt sie. Bislang halten viele Besucher eher zufällig, wenn sie von einer Führung vom Atombunker kommen und an dem Grundstück der Brunners vorbeifahren. Die Familie plant, aus dem Areal ein richtiges Museum zu machen und mit dem Eintrittsgeld die Erhaltung der Fahrzeuge finanzieren. Denkbar sei auch die Gründung eines Vereins oder einer Stiftung, sagt Alex Brunner.

Ein Besucher aus Ost-Berlin steht staunend vor einer Reihe von Wolga-Limousinen. Ein Modell war zu seiner Kindheit in der DDR als Taxi zu Tausenden unterwegs. „Das ist fast 25 Jahre her, und jetzt sieht man die Autos plötzlich wieder“, sagt der Mann aus Berlin-Friedrichshain. Es sind die letzten Reliquien aus einem Land, das es bald seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr gibt.