Wuppertalerin aus Flammenhölle in Griechenland gerettet
Mati. Bei den schlimmsten Waldbränden in Griechenland seit einem Jahrzehnt sind dutzende Menschen ums Leben gekommen. Die Behörden sprachen am Dienstag von 74 Todesopfern und 164 verletzten Erwachsenen sowie 23 Kindern.
Elf verletzte Erwachsene befänden sich in einem ernsten Zustand. Zuvor hatten die Behörden bereits von mindestens 24 Toten gesprochen.
Ein Vertreter des Roten Kreuzes teilte mit, im Hof einer Villa in Mati, rund 40 Kilometer nordöstlich von Athen, seien am Morgen die Leichen von 26 Menschen gefunden worden, darunter kleine Kinder. Offenbar in einem verzweifelten Versuch, Schutz zu suchen, hätten sich die Brandopfer gruppenweise zusammengestellt.
Ein Stadtrat in Rafina, einem Nachbarort von Mati, sprach von einer noch höheren Opferzahl. "Wir haben 60 Tote gezählt", sagte Myron Tsagarakis und bestätigte damit entsprechende Medienberichte. Nach polnischen Angaben zählten auch eine Polin und ihr Sohn zu den Todesopfern.
Der Bürgermeister der Hafenstadt Rafina sagte im Rundfunk, allein in seiner Region seien mindestens 1200 Häuser zerstört worden. „Die Opferzahl könnte noch steigen.“ Die Rettungskräfte durchsuchen jedes einzelne Haus, immer wieder berichten Medien vor Ort von neuen, jedoch nicht verifizierten Leichenfunden. Auf einer Internetseite veröffentlichten Angehörige im Laufe des Dienstags Fotos von mutmaßlich Vermissten.
In Mati hatte sich das Feuer bei Windgeschwindigkeiten von etwa hundert Stundenkilometern rasend schnell ausgebreitet, wie Feuerwehr-Sprecherin Stavroula Maliri erklärte. "Mati existiert nicht mehr", sagte der Bürgermeister von Rafina, Evangelos Bournous. Mehr als tausend Gebäude sowie 300 Autos seien durch das Feuer beschädigt worden. In der auch bei ausländischen Touristen beliebten Region wurde der Notstand ausgerufen.
Wegen der schnellen Ausbreitung der Flammen waren zahlreiche Anwohner an die Küste geflohen, um sich vom Wasser aus retten zu lassen. Viele warteten stundenlang eingehüllt von Aschewolken am Strand. Unter den Geretteten ist auch die Wuppertalerin Alina Marzin und ihre Familie, die in Mati Urlaub machten. Sie warteten bis 01.30 Uhr im Hotelrestaurant auf ihre Rettung. "Schreckliche Ferien", sagte die deutsche Touristin.
715 Menschen wurden schließlich mit Booten nach Rafina gebracht, wie die Regierung mitteilte. Mindestens fünf Menschen seien auf der Flucht vor dem Feuer im Meer gestorben. Nach möglichen weiteren Opfern wurde noch gesucht.
Der Brand in Mati war am Dienstag eingedämmt, allerdings wütete 50 Kilometer westlich von Athen im Küstenort Kineta ein Feuer, das zahlreiche Häuser und Autos zerstörte. In der Nähe der Stadt Marathon wurden rund 600 Kinder aus einem Feriencamp in Sicherheit gebracht.
Mehr als 3000 Feuerwehrleute, fünf Flugzeuge und zwei Hubschrauber waren im Einsatz gegen die Flammen. Am Dienstagabend dann sollte es in der Region regnen.
Regierungssprecher Dimitris Tzanakopoulos erklärte, in der Region Attika seien gleichzeitig 15 Brände an drei verschiedenen Fronten ausgebrochen. Ministerpräsident Alexis Tsipras brach wegen der Brände eine Bosnien-Reise ab. "Heute ist Griechenland in Trauer", sagte er in einer Fernsehansprache und rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Die Europäische Union aktivierte den Zivilschutzmechanismus, um Griechenland bei Bedarf zu helfen. Zypern schickte 60 Feuerwehrleute und Spanien mobilisierte zwei Löschflugzeuge für die Brandbekämpfung in Griechenland. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schrieb im Kurzmitteilungsdienst Twitter, die EU werde "keine Mühen scheuen, um Griechenland und dem griechischen Volk zu helfen".
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schickte ein Kondolenztelegramm an Tsipras. "Das Leid der betroffenen Menschen berührt uns alle", schrieb sie und bot Deutschlands Hilfe an. Auch aus anderen Ländern wie Portugal, Mazedonien, Bulgarien, Israel und der Türkei kamen Hilfsangebote.
Zuletzt hatte es 2007 solch verheerende Brände in Griechenland gegeben. Damals starben auf der südlichen Insel Evia 77 Menschen. Wie andere europäische Länder hat Griechenland derzeit mit einer Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 40 Grad zu kämpfen. Auch in Schweden und Finnland sind schwere Waldbrände ausgebrochen.afp/dpa