Zwölfte Leiche auf „Costa Concordia“ gefunden
Giglio (dpa) - Die Taucher im Wrack des Kreuzfahrtschiffes „Costa Concordia“ haben am Samstag die zwölfte Leiche geborgen. Sie fanden die tote Frau am Samstagnachmittag im gefluteten Heck.
Dennoch hofft der deutsche Botschafter in Italien, Michael H. Gerdts, auch acht Tage nach dem Schiffsunglück von Giglio auf deutsche Überlebende. „Die Hoffnung ist absolut da“, sagte Gerdts bei einem Besuch der Mittelmeerinsel am Samstag
Insgesamt werden noch mehr als 20 Menschen vermisst. Unter ihnen sind nach jüngsten Angaben 12 Deutsche. Die Vermissten sind nach Ansicht des neuen Krisenstab-Chefs Franco Gabrielli „wahrscheinlich“ noch an Bord. Daher werde die Suche fortgesetzt, teilte er am Samstag bei einer Pressekonferenz auf der Insel mit.
Gezielte Sprengungen sollten den Tauchern neue Zugänge zu dem Deck schaffen. Mindestens zwei Explosionen waren am Morgen im Hafen von Giglio zu hören, an dessen Küste das gekenterte Schiff seit mehr als einer Woche auf felsigem Grund liegt. Die Frauenleiche wurde nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa gegen 13.30 Uhr entdeckt und an Land gebracht.
Zugleich rückt die drohende Umweltkatastrophe in den Fokus der Entscheidungen. Bis Sonntagabend soll nach Darstellung Gabriellis entschieden werden, wie die mehr als zwei Millionen Liter Treibstoff - vor allem Schweröl - abgepumpt werden können. Bis dahin dürfe die niederländische Spezialfirma Smit mit diesen Arbeiten nicht beginnen, sagte Gabrielli. Er wolle „den größtmöglichen Einsatz“ bringen, um den Inselbewohnern eine Umwelt-Tragödie zu ersparen.
Die italienische Regierung hatte am Freitagabend für die Gegend um den Unglücksort den Notstand beschlossen. Damit sollen schnelle Hilfe und zusätzliches Geld zur Bewältigung der Krise ermöglicht werden.
Botschafter Gerdts übermittelte dem Krisenstab den „Dank der Bundesregierung“. Widersprüchliche Angaben zur Zahl der Vermissten erklärte der Diplomat mit unterschiedlichen Quellen, etwa Angaben von Verwandten oder Passagierlisten. „Eine Liste von Vermissten zu erstellen, ist schwieriger als man denkt“, sagte Gerdts.
Große Anerkennung sprach er den Inselbewohnern aus, die in der Unglücksnacht „spontan menschliche Hilfe“ angeboten hätten. Gerdts unterstrich außerdem die gute Zusammenarbeit der lokalen Behörden mit den Mitarbeitern des Bundeskriminalamts, die bei der Identifizierung der Opfer vor Ort helfen. Die Angehörigen der Verschollenen würden von Psychologen des Auswärtigen Amtes betreut.
Spezialkräfte der Feuerwehr durchsuchten in der Nacht zum Samstag den Teil der 290 Meter langen „Concordia“, der über Wasser liegt. Der Luxusliner habe sich dabei „Gott sei Dank“ nicht bewegt, bestätigte ein Sprecher der Rettungsmannschaften, Luca Cari. Die Befürchtung des Krisenstabs, ein Sturm könnte die Lage des Schiffes und die Rettungsmaßnahmen gefährden, bewahrheitete sich bis Samstagnachmittag nicht. Hoher Seegang könnte das havarierte Kreuzfahrtschiff destabilisieren und weiter sinken lassen.
Unterdessen sind Aussagen des unter Hausarrest stehenden Kapitäns Francesco Schettino bekannt geworden, die ihn teilweise entlasten könnten. Nach Medienberichten vom Samstag sagte Schettino bei einer Anhörung vor Gericht, er habe unmittelbar nach der Kollision mit einem Felsen beim Kreuzfahrt-Unternehmen angerufen und sowohl ein Schlepperboot als auch Hubschrauber zur Rettung gefordert.
„Mir ist ein Malheur passiert“, soll Schettino in dem Telefonat gesagt haben. Die Reederei wies die Darstellung zurück. „Er hat uns belogen und auch die Besatzung des Schiffes“, betonte der Chef von Reederei „Costa Crociere“, Pierluigi Foschi.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will angesichts des Unglücks neue Regeln für die Sicherheit großer Kreuzfahrtschiffe durchsetzen. Deutschland wolle die Evakuierungsrichtlinie der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) an die Größenentwicklung der Schiffe anpassen, teilte Ramsauers Ministerium der Nachrichtenagentur dpa mit. Beim Weltverkehrsforum Anfang Mai in Leipzig werde Ramsauer dafür erneut werben.