Abdullah baut Vorsprung bei Afghanistan-Wahl aus
Kabul (dpa) - Zwei Wochen nach der Präsidentenwahl in Afghanistan hat Ex-Außenminister Abdullah Abdullah den Vorsprung vor seinem Hauptkonkurrenten Aschraf Ghani deutlich ausgebaut. Nach Auszählung von knapp der Hälfte der Stimmen lag Abdullah bei 44,47 Prozent und damit gut elf Punkte vor Ghani.
Das teilte die Wahlkommission (IEC) bei der Vorlage von Teilergebnissen in Kabul mit. Für einen Sieg in der ersten Runde ist allerdings eine absolute Mehrheit notwendig. Sonst ist für den 28. Mai eine Stichwahl geplant.
Der frühere Finanzminister Ghani kam laut IEC auf 33,18 Prozent. Bei Vorlage der ersten Teilergebnisse eine Woche zuvor betrug Abdullahs Vorsprung nur gut vier Punkte. Sollte keiner der Kandidaten um die Nachfolge von Präsident Hamid Karsai mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten, treten die beiden Spitzenreiter gegeneinander an.
Abdullah sagte der Nachrichtenagentur dpa in Kabul, er halte es weiterhin für „gut möglich“, bereits in der ersten Runde zu gewinnen. Sollte es aber nicht dazu kommen, sei er zu einer Stichwahl bereit. Auch Ghani sagte am Montag: „Wir glauben weiterhin an den Sieg unserer Mannschaft und es macht nichts, ob dieser Sieg in der ersten oder der zweiten Runde kommt.“
Abdullah sagte, der festgestellte Wahlbetrug werde sich auf das Ergebnis auswirken, werde die Abstimmung aber nicht ungültig machen und auch an der Reihenfolge der Spitzenreiter nichts ändern. Nach Angaben der Wahlbehörde werden Stimmzettel aus 1400 der 21 000 Wahllokale wegen Betrugsvorwürfen und Unregelmäßigkeiten überprüft.
IEC-Chef Jusuf Nuristani sagte am Sonntag, die Wahlkommission versuche wie geplant, am Donnerstag ein vorläufiges Ergebnis der Wahl vom 5. April mitzuteilen. Ein amtliches Endergebnis ist für den 14. Mai vorgesehen. Davor muss die Wahlbeschwerdekommission (ECC) noch zahlreiche Beschwerden wegen Unregelmäßigkeiten überprüfen. Die ECC hatte Wahlbetrug in „nicht geringem Ausmaß“ bestätigt.
Den IEC-Angaben zufolge wurden bis Sonntag 3,45 Millionen oder 49,6 Prozent der Stimmen ausgezählt. Die Wahlbeteiligung war angesichts von Anschlagsdrohungen der Taliban überraschend hoch gewesen. Nach den IEC-Zahlen gingen rund sieben Millionen Menschen zur Wahl, gut zwölf Millionen Afghanen waren wahlberechtigt gewesen.
Die Wähler bereiteten der ersten demokratischen Machtübergabe in der Geschichte des Landes den Weg. Abdullah war bei der von Betrug überschatteten Wahl im Jahr 2009 Karsai unterlegen. Karsai regiert Afghanistan seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 und durfte nach der Verfassung nicht ein drittes Mal zur Wahl antreten. Abdullah (60) war bis 2006 Außenminister unter Karsai. Ghani (64) war bis 2004 Finanzminister in Karsais Übergangsregierung.