Angespannte Lage vor Wahl in Haiti

Port-au-Prince (dpa) - Der Wahlkampf in dem von der Cholera heimgesuchten Krisenland Haiti ist am Donnerstag in die entscheidende Phase getreten.

Bei den Abschlussveranstaltungen der Bewerber um die Nachfolge von Präsident René Préval werden wie schon an den Vortagen Zusammenstöße zwischen den Anhängern der Parteien befürchtet. Der höchste Vertreter der UN in Haiti, Edmond Mulet, sagte am Donnerstag, die Lage sei vergleichsweise ruhig. In Haiti werden an diesem Sonntag Präsident und Parlament neu gewählt.

Den jüngsten Umfragen zufolge liegt die 70-jährige Kandidatin Mirlande Manigat bei den Präsidentschaftswahlen weiterhin klar in Führung. Der Frau des früheren Präsidenten Leslie Manigat würden 36 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimmen geben. An zweiter Stelle der allerdings nicht sehr verlässlichen Erhebung liegt der Kandidat der Regierungspartei, Jude Celestin, der es auf 21 Prozent bringen würde, gefolgt von dem populären Musiker Michel Martelly und dem Unternehmer Charles Baker.

Damit würde eine Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten notwendig, da Manigat die absolute Mehrheit verfehlen würde.

Zu den Protesten gegen die in Haiti stationierte UN-Mission Minustah in der vergangenen Woche sagte Manigat, es sei unverantwortlich, den sofortigen Abzug der Blauhelme zu fordern. In einem Gespräch mit Journalisten trat sie für einen „progressiven“ Abzug ein. „Die Minustah erfüllt eine abschreckende Aufgabe und sorgt für Sicherheit“, sagte sie.

Bei einer Pressekonferenz sagte Mulet, Leiter der Mission Minustah, es sei bisher zu weniger Gewalt gekommen als beispielsweise bei den Wahlen vor vier Jahren. „Unter den Bedingungen Haitis werden wir meiner Meinung nach gute Wahlen haben“, sagte Mulet. „Es ist der Wille der Haitianer, diese Wahlen zu verwirklichen und ich glaube und hoffe, dass wir von heute bis zum Tag der Wahlen keine größeren Probleme haben werden.“

Die aus 10 000 Mann bestehende UN-Mission wurde 2004 in Haiti stationiert, um dem wirtschaftlich und politisch zerrütteten Land aus dem Chaos zu helfen.

In New York teilten die UN mit, derzeit seien 400 000 Menschen von der Cholera-Epidemie bedroht, die am 19. Oktober in dem Karibikstaat ausgebrochen war. Sie forderten die internationale Gemeinschaft auf, ihre Hilfe für Haiti zu erhöhen. Nach Angaben der haitianischen Gesundheitsbehörden starben bisher rund 1500 Menschen. Über 60 000 erkrankten.

Ursprünglich hatten die UN die Zahl der gefährdeten Haitianer auf 200 000 geschätzt. „Die Epidemie hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht“, erklärte die Chefkoordinatorin für UN-Nothilfe, Valerie Amos, nach ihrer Ankunft in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince am Dienstag (Ortszeit).

Unterdessen wurde am Donnerstag in Haiti bekannt, dass zum ersten Mal acht Menschen in einem der großen Obdachlosenlager von Pétion Ville, einem Vorort von Port-au-Prince, an der Cholera erkrankt sind. Die Zeltstädte galten bisher als sicherer als die Slums, da die meisten von ihnen von den Hilfsorganisationen betreut werden und über gereinigtes Wasser und sanitäre Anlagen verfügen.