Assad-Regime muss Moskau um Geld und Erdöl bitten
Damaskus/Moskau/Teheran (dpa) - Nach fast 17 Monaten Krieg gegen das eigene Volk gerät der syrische Machthaber Baschar al-Assad auch wirtschaftlich in Bedrängnis.
Wie russische Medien am Samstag berichteten, wurde das Regime in Damaskus in Moskau vorstellig, um vom Verbündeten Russland finanzielle Hilfe zu erbitten. In der Wirtschaftsmetropole Aleppo berichtete die Opposition von den schwersten Kämpfen seit Tagen. Unbekannte entführten in Damaskus mit Waffengewalt Dutzende iranische Pilger.
Nach Informationen der iranischen Botschaft in Damaskus wurden die insgesamt 47 Wallfahrer auf dem Weg zum internationalen Flughafen von einer „bewaffneten terroristischen Gruppe“ verschleppt. Der Schrein der Sajjida Zeinab in Damaskus ist ein beliebter Wallfahrtsort für Pilger aus dem schiitischen Iran. Das Mullah-Regime gilt als wichtigster Verbündeter des Regimes von Baschar al-Assad.
Das syrische Regime machte für seine wirtschaftlichen Probleme die USA und die EU und deren Sanktionen gegen das Land verantwortlich. Russland kritisierte die jüngste Verurteilung Syriens durch die UN-Vollversammlung, obwohl die Resolution vom Freitag auf Betreiben Moskaus und Pekings schon entschärft worden war.
Den Berichten zufolge gehen dem Regime in Damaskus vor allem raffinierte Erdölprodukte wie Diesel aus. Die Delegation um Vizeregierungschef Kadri Dschamil habe „eine gewisse Summe in harter Währung beantragt, um die komplizierte Lage in Syrien zu überbrücken“, hieß es. Dschamil wurde mit den Worten zitiert: „Russland hat die Aufgabe übernommen, Syrien in der aktuellen Lage wirtschaftlich zu unterstützen.“ Er erhoffe sich in den nächsten Wochen konkrete Schritte. Von russischer Seite lag zunächst keine Reaktion vor.
Beobachter verweisen auf die enormen volkswirtschaftlichen Kosten eines anhaltenden Bürgerkriegs, der ganze Landesteile wirtschaftlich lahmlegt, Teile der Bevölkerung am Arbeiten hindert und öffentliches wie privates Eigentum in beträchtlichem Maße zerstört.
Im umkämpften Aleppo wehrte das Militär die Attacke der Aufständischen gegen das Rundfunkgebäude mit Kampfflugzeugen ab, wie ein örtlicher Rebellenkommandeur sagte. Dabei wurden nach Regimeangaben zahlreiche Aufständische getötet.
Um die Kontrolle über die nordsyrische Millionenstadt kämpfen Regierungstruppen und Rebellen nun schon seit zwei Wochen. Bei den laut syrischer Opposition schwersten Kämpfen seit Tagen griffen Regierungstruppen mit schweren Waffen erneut ein von Rebellen kontrolliertes Viertel in Aleppo an. Der Versuch sei aber gescheitert, den Stadtteil Salaheddin mit Unterstützung von Kampfhubschrauber und Artilleriebeschuss einzunehmen zu erstürmen, sagte der örtliche Rebellenkommandeur Abu Omar Halabi der Nachrichtenagentur dpa.
Einem Zeitungsbericht zufolge haben die Vereinten Nationen vorübergehend die Hälfte ihrer Beobachter aus Aleppo abgezogen. Der Zusammenbruch des Mobilfunknetzes zwinge die UN zu diesem Schritt, sagte eine Sprecherin. Die Hauptstadt Damaskus dagegen ist inzwischen wieder weitgehend unter Kontrolle des Militärs. In tagelangen heftigen Kämpfen eroberten Assads Truppen das Stadtviertel Al-Tadamun, die letzte Rebellenhochburg der syrischen Hauptstadt, zurück. Nach Angaben eines lokalen Aktivisten sollen die Sicherheitskräfte bei Hausdurchsuchungen mehrere Menschen an Ort und Stelle erschossen haben. Von unabhängiger Seite lassen sich diese Informationen nicht überprüfen.
Unterdessen wurde bekannt, dass islamistische Extremisten einen prominenten Moderator des staatlichen syrischen Fernsehens entführt und ermordet haben. Wie die Syrischen Menschenrechtsbeobachter mitteilten, hat sich zu der Tat die Dschihadisten-Organisation Al-Nusra-Front bekannt.
Das Rote Kreuz appellierte an Regierung und Rebellen, Zivilisten von Gewalt zu verschonen. „Wir rufen alle an den Kämpfen beteiligten Gruppen zur Beachtung der Pflichten auf, die sich für sie aus dem humanitären Völkerrecht ergeben“, erklärte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf und Damaskus. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich besorgt über Berichte, wonach libanesische Behörden syrische Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückschickten, obwohl ihnen dort möglicherweise Folter drohe.
Auch die nicht bindende Resolution der UN-Vollversammlung prangert die eskalierende Gewalt in Syrien an. 133 der 193 Mitgliedsländer billigten den Entwurf. Der Ruf nach einen Rücktritt Assads musste auf Drängen Moskaus und Pekings allerdings wieder gestrichen werden.