Attentatsvorwürfe: USA wollen Iran weiter isolieren
Washington/Riad/Teheran (dpa) - Dramatische Konfrontation zwischen den USA und dem Iran: Die angeblichen iranischen Attentatspläne auf den saudischen Botschafter Adel al-Dschubair in den USA haben die Spannungen zwischen beiden Staaten massiv verschärft.
Die Regierung in Washington nahm am Mittwoch bewusst auch eine militärische Reaktion nicht vom Tisch und erließ neue Sanktionen gegen Teheran. Auch Saudi-Arabien verurteilte den Iran scharf. Das beschuldigte Land weist die Vorwürfe als haltlos zurück. Selbst in den USA gibt es Zweifel an dem vermeintlichen Plot.
„Der Iran muss zur Verantwortung gezogen werden“, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton am Mittwoch. Sie rief andere Länder auf, gemeinsam mit den Vereinigten Staaten „diese Bedrohung des Friedens und der internationalen Sicherheit zu verurteilen.“ Die US-Gesandte bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, informierte in New York die anderen Mitglieder des Sicherheitsrates über den Fall. Ziel sei es, das Regime in Teheran tiefer in die Isolation zu treiben, machte die US-Regierung klar.
Das Weiße Haus bezeichnete die Attentatspläne als „gefährliche Eskalation der iranischen Nutzung von Gewalt“. Es handele sich um „einen versuchten terroristischen Akt“, sagte Jay Carney, der Sprecher von US-Präsident Barack Obama. Er wollte ausdrücklich nicht über mögliche Reaktionen spekulieren, sagte aber, die USA schlössen prinzipiell keine Optionen aus.
Für eine militärische Antwort gab es am Mittwoch jedoch keine Anhaltspunkte. Es handele sich um eine „juristische und diplomatische Angelegenheit“ , sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums Jim Gregory am Mittwoch in Washington. „Nur der Präsident kann einschließen oder ausschließen, wie er das Militär nutzt.“
Washington erließ am Mittwoch Sanktionen gegen die kommerzielle iranische Fluglinie Mahan Air, sagte Carney. Die USA werfen der Fluggesellschaft vor, heimlich Mitglieder, Waffen und Finanzmittel der iranischen Republikanischen Garden transportiert zu haben.
Nach Erkenntnissen der US-Ermittler sollen „Elemente der iranischen Regierung“ einen Bombenanschlag auf den saudischen Botschafter in Washington geplant und finanziert haben. Carney sagte, dass hochrangige Mitglieder der Al-Kuds-Gruppe, eine Spezialeinheit der iranischen Revolutionsgarden, involviert gewesen seien. Auch Pläne für Bombenanschläge auf die saudische Botschaft in Washington und die israelische Botschaft in Argentinien habe es gegeben.
Der Iran wies die Vorwürfe als haltlos zurück. Der Parlamentspräsident Ali Laridschani bezichtigte die USA, eine künstliche Krise herbeiführen zu wollen. Außenminister Ali-Akbar Salehi sagte der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna, die Amerikaner wollten nur von zahlreichen eigenen Problemen ablenken. Der iranische UN-Gesandte legte offiziell Beschwerde bei UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und beim UN-Sicherheitsrat ein.
Saudi-Arabien zeigte sich erbost. „Das Königreich Saudi-Arabien verurteilt aufs Schärfste den skandalösen und niederträchtigen Versuch, seinen Botschafter in den USA bei einem Anschlag zu ermorden“, hieß es in einer Stellungnahme. Es handle sich um „Machenschaften, die weder mit normalen humanitären und ethischen Werten noch mit den völkerrechtlichen Normen und Traditionen vereinbar sind“.
Die saudische Erklärung vom Mittwochabend sprach den US-Behörden Dank für die Vereitelung der angeblich geplanten Anschläge aus. Auf mögliche Maßnahmen gegen den Iran ging sie nicht ein. Das Land auf der anderen Seite des Persischen Golfes wurde in dem Dokument nicht einmal namentlich genannt.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte den Iran auf, zu einer umfassenden Aufklärung beizutragen. „Die an den Anschlagsplänen Beteiligten und ihre Hintermänner müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte der Minister nach einer am Mittwochabend vom Auswärtigen Amt veröffentlichten Erklärung. „Außenminister Westerwelle ist in hohem Maße besorgt über die Nachrichten aus Washington“, hieß es weiter. Die Bundesregierung sei erleichtert, dass es US-Behörden offensichtlich gelungen sei, terroristische Anschlagspläne zu vereiteln.
Nach Aufdeckung des Komplotts wuchs in den Vereinigten Staaten die Furcht vor neuen Terrorattacken. Das US-Außenministerium rief alle Bürger zu erhöhter Wachsamkeit auf.
Allerdings äußerten Experten Zweifel an den Anschuldigungen. „Warum sollte der Iran den saudischen Botschafter in Washington ermorden wollen?“, fragte Iran-Experte Alireza Nader von der Rand Corp., einem US-Think Tank, in der „Washington Post“. Andere Experten meinten, ein solches Komplott sei völlig untypisch für den Iran.
Nach Darstellung der USA wollten die Iraner Hintermänner lateinamerikanischer Drogenkartelle für den Mord anheuern. Ihnen sollen 1,5 Millionen Dollar angeboten worden sein. Das Komplott sei durch US-Undercover-Agenten aufgeflogen, die sich als Mitglieder eines Drogenkartells ausgegeben hätten.
Ein verdächtiger Iraner mit US-Pass sei bereits Ende September in New York festgenommen worden, teilten die US-Behörden mit. Der Verdächtige, der 56-jährige Manssor Arbabsiar, erschien noch am Dienstagabend vor einem New Yorker Gericht. Er bleibe in Haft. Ein Verfahren solle am 25. Oktober anlaufen. Er habe die Taten mutmaßlich mit dem Al-Kuds-Mitglied Gholam Shakuri geplant, der als Unterstützer des internationalen Terrorismus bekannt sei, hieß es. Shakuri befinde sich gegenwärtig im Iran.