Gering qualifizierte EU-Bürger Bericht: UK will Einwanderung nach Brexit erschweren
London (dpa) - Nach dem Brexit will Großbritannien Medienberichten zufolge die Einwanderung vor allem gering qualifizierter EU-Bürger stark einschränken.
Die Zeitung „The Guardian“ veröffentlichte am Mittwoch ein entsprechendes Dokument des Innenministeriums in London.
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger in Großbritannien solle demnach direkt nach dem EU-Austritt Ende März 2019 in ihrer jetzigen Form beendet werden. Schrittweise sollen dann weitere Hürden für EU-Zuwanderer eingeführt werden. Die angeblichen Pläne stießen bei Opposition und Gewerkschaften auf scharfe Kritik.
„Diese Pläne würden (...) schlechte Chefs dazu ermutigen, Migranten auszubeuten“, teilte der gewerkschaftliche Dachverband TUC (Trades Union Congress) mit. Diane Abbott von der Labour-Opposition betonte, ihre Partei wolle „faire Regeln und ein vernünftiges Einwanderungsmanagement“.
Ein Regierungssprecher wollte keine Stellung dazu nehmen. „Wir kommentieren keine durchgestochenen Dokumente“, sagte er auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Man werde konkrete Vorschläge zu dem Thema im Laufe des Herbstes präsentieren.
Nach Angaben der britischen Nachrichtenagentur PA handelt es sich bei dem Dokument um den Entwurf für ein Weißpapier. Die Vorschläge seien noch nicht von der Regierung beschlossen.
Dem Bericht des „Guardian“ zufolge müssen Geringqualifizierte künftig eine Aufenthaltserlaubnis vorweisen, wenn sie nach Großbritannien einwandern möchten. Sie soll für maximal zwei Jahre gültig sein. Arbeitnehmer mit hohen Qualifikationen dürfen den Angaben zufolge bis zu fünf Jahre bleiben, sofern sie eine entsprechende Genehmigung bekommen.
Auch der Zuzug von Familienangehörigen soll erschwert werden, wie aus dem 82-seitigen Strategiepapier hervorgeht. Es dürfen demnach nur noch Familienmitglieder ersten Grades, wie minderjährige Kinder, und Lebenspartner nachkommen. Wer seinen Ehepartner nach Großbritannien bringen will, muss laut „Guardian“ mindestens 18 600 britische Pfund (über 20 000 Euro) pro Jahr verdienen. „Möglicherweise könnte dies zur Trennung Tausender Familien führen“, schreibt der „Guardian“.
Wer nach dem Brexit - auch als Tourist - nach Großbritannien einreise, braucht den Angaben zufolge einen Reisepass. Derzeit genügt der Personalausweis bei den Kontrollen.
Die Brexit-Verhandlungen, die in der kommenden Woche fortgesetzt werden, verlaufen zäh. Im Vereinigten Königreich leben mehr als drei Millionen EU-Ausländer. Viele - vor allem aus östlichen EU-Staaten - arbeiten im Niedriglohnsektor, zum Beispiel als Erntehelfer, Pflegepersonal oder in der Lebensmittelindustrie. Diverse Branchen fürchten, nicht mehr rentabel arbeiten zu können, wenn sie billige Arbeitskräfte vor allem aus Osteuropa verlieren.
Bereits im vergangenen Juni hatte Premierministerin Theresa May einen Vorschlag zu den EU-Ausländern präsentiert: Demnach kommen für ein dauerhaftes Bleiberecht nur EU-Bürger infrage, die vor einem bestimmten Stichtag im Land waren. Den neuen Status bekommen sie auch frühestens, wenn sie fünf Jahre im Land gelebt haben. Wer erst nach dem Stichtag kommt, sollte „nicht die Erwartung eines garantierten Rechtsstatus“ haben, hieß es damals weiter.
Bei der Abstimmung über den Austritt aus der Europäischen Union im Juni 2016 spielte das Thema Einwanderung eine große Rolle. Ziel von Premierministerin Theresa May ist es, die Nettoeinwanderung - die Differenz zwischen Einwanderung und Auswanderung - auf unter 100 000 pro Jahr zu drücken.
Zahlreiche EU-Ausländer verlassen angesichts ihrer unsicheren Lage bereits Großbritannien. Das belegen Statistiken der britischen Statistikbehörde ONS (Office for National Statistics). Demnach ist die Nettoeinwanderung nach Großbritannien deutlich zurückgegangen. Sie sank binnen eines Jahres bis Ende März bei allen Ausländern um 81 000 auf 246 000. Die Entwicklung ist laut ONS insbesondere auf die EU-Ausländer zurückzuführen: 122 000 verließen in zwölf Monaten Großbritannien - so viele wie seit etwa zehn Jahren nicht mehr. Zugleich ließen sich weniger EU-Bürger als im Vorjahr im Land nieder.