Sapad Berichte: Russland übte mit Manöver Angriff auf Baltikum
Brüssel/Moskau (dpa) - Russland hat bei dem umstrittenen Großmanöver Sapad (Westen) im September nach Ansicht westlicher Militärexperten keine Terrorabwehr, sondern einen Angriff auf Nato-Mitglieder geübt.
„Bei Sapad ist klar für einen großen zwischenstaatlichen Konflikt trainiert worden“, sagte eine Nato-Sprecherin in Brüssel auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Die „Bild“-Zeitung berichtete unter Berufung auf nicht genannte westliche Geheimdienstler, bei dem russisch-weißrussischen Manöver sei es um einen Angriff auf die baltischen Staaten gegangen. Nach diesen Angaben wurden mit Flügen von Langstreckenbombern über Nord- und Ostsee potenziell auch Attacken auf Deutschland, Polen, die Niederlande und die skandinavischen Länder simuliert.
Nato-Sprecherin Oana Lungescu machte sich diese Darstellung nicht zu eigen. Geheimdienstberichte würden nicht kommentiert, sagte sie, fügte aber hinzu: „Umfang und Ausdehnung des Manövers Sapad 2017 waren deutlich größer, als Russland vorher angekündigt hatte.“ Die Nato habe dies im Nato-Russland-Rat im Oktober kritisiert.
Moskau hatte zum Ziel des Manövers vom 14. bis 20. September erklärt, geübt werde die Abwehr von Terroristen in einem fiktiven Kleinstaat im Westen Weißrusslands. Eingesetzt wurden nach russischen Angaben 12 700 Soldaten. Nach westlichen Zählungen waren es tatsächlich 60 000 bis 80 000, die meisten von ihnen im russischen Rückraum.
„Das zeigt, dass die Bedrohung durch Russland mit der Aggression in der Ostukraine, der Annexion der Krim und den Äußerungen seiner politischen Führung nicht geringer geworden ist“, kommentierte ein Sprecher des litauischen Verteidigungsministeriums in Vilnius.
Die kleinen baltischen Nato-Staaten hatten besonders vor dem Manöver gewarnt. Viele Befürchtungen trafen nicht ein - es gab weder einen russischen Angriff auf das Baltikum, noch auf die nahe Ukraine. Auch zog Russland alle seine Truppen wieder aus Weißrussland ab. Das Manöver zeigte eher Gegensätze zwischen den Verbündeten Moskau und Minsk auf. Die Präsidenten Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko besuchten ihre Soldaten getrennt. Die Führung in Minsk bemühte sich auch um Transparenz für Beobachter von außen.
Militärplaner in Russland wie anderswo müssten Szenarien für Verteidigung wie für Angriff entwerfen, hatte Experte Nabi Abdullajew von der Beraterfirma Control Risk im September gesagt. „Aber es steht nicht auf der Agenda der russischen Führung, in benachbarte EU-Staaten einzumarschieren, die auch Nato-Mitglieder sind.“