Box-Weltmeister will die Ukraine politisch umkrempeln
Vitali Klitschko zu den Zielen seiner Partei UDAR, den Beziehungen zur EU und seinen Absichten, Präsident zu werden.
Düsseldorf. Herr Klitschko, heute findet in Kiew der EU-Ukraine-Gipfel statt. Wie bewerten sie den Stand der Beziehungen?
Klitschko: Die ukrainische Bevölkerung erwartet von Präsident Viktor Janukowitsch, dass er sein Versprechen einlöst und das Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der EU zustande bringt. Die Menschen in unserem Land wollen das. Derzeit schenkt die ukrainische Seite allerdings politischen Einzelinteressen mehr Beachtung als dem strategischen Ziel einer Kooperation mit der EU. Deshalb wird der Gipfel vermutlich ein reiner Fototermin werden und nicht den von den Menschen erhofften Durchbruch bringen.
Wie wichtig ist das Assoziierungsabkommen für die Ukraine?
Klitschko: Das Vertragswerk schafft einen völlig neuen Rahmen für die Zusammenarbeit der Ukraine mit den EU-Institutionen. Es wird bei uns die Entwicklung demokratischer Institutionen und den Respekt für die Menschenrechte fördern. Das Freihandelsabkommen wird entscheidend zur Modernisierung unserer Wirtschaft beitragen und Kapital ins Land locken. Für die Ukrainer werden sich ungekannte ökonomische Freiheiten eröffnen.
Der Prozess gegen Julia Timoschenko belastet den Annäherungsprozess zwischen der EU und der Ukraine. Wie bewerten Sie das Verfahren?
Klitschko: Wenn eine Oppositionsführerin, die bei der Präsidentenwahl 48 Prozent der Stimmen erreicht hat, inhaftiert wird, weil sie als Regierungschefin ihr Amt missbraucht und dem Land Schaden zugefügt haben soll, dann liegt es auf der Hand, dass die Anschuldigungen politisch motiviert sind. Dass die gegenwärtige Regierung Timoschenkos Politik fortführt, macht die Anschuldigungen noch absurder. Der Schauprozess gegen sie ist weder unparteiisch noch fair.
Kann denn die EU das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine unterzeichnen, solange Timoschenko im Gefängnis sitzt?
Klitshcko: Julia Timoschenko selbst hat die EU aufgefordert, den Vertrag unabhängig von ihrem Schicksal zu unterschreiben. Sie versteht so gut wie alle anderen, dass dieses Abkommen für die Ukraine strategische Priorität hat.
Die Ukraine gilt als Land mit dem höchsten Korruptionsniveau in Europa. Warum sollte die EU zu einem solchen Land engere Beziehungen anstreben?
Klitschko: Ein Ziel des Assoziierungsabkommens ist es, das Justizsystem und den Rechtsstaat in der Ukraine zu stärken. Der Vertag wird uns helfen, die Korruption zu bekämpfen. Europäische Expertise und Erfahrung sind uns in diesem Kampf willkommen.
In der Ukraine gibt es Proteste gegen die Sparpolitik der Regierung.
Klitshcko: Im Wahlkampf hat Präsident Janukowitsch eine Verbesserung der Lebensbedingungen versprochen. Stattdessen hat er die Renten und die sozialen Hilfen für die Tschernobyl-Veteranen gekürzt und Steuererleichterungen für Kleinunternehmer gestrichen. Steuerprivilegien für die Oligarchen, blieben dagegen in Kraft. Mit jedem Tag öffnet sich die Schere zwischen Janukowitschs Versprechen und seinen Taten weiter.
Welche Lösung schlagen Sie mit Ihrer Partei UDAR vor?
Klitschko: Es darf keine Sonderbehandlung für Oligarchen geben, sondern es müssen gleiche Bedingungen für alle Unternehmer herrschen. Das wird es den hart arbeitenden Menschen in der Ukraine erlauben, ihr Schicksal wieder in die eigenen Hände zu nehmen.
Welche politischen Ziele haben Sie für 2012?
Klitschko: Wir wollen bei der Wahl im November ins Parlament einziehen, um das Programm von UDAR zu verwirklichen. Meine Parteifreunde gehören einer neuen Generation an. Wir sind in Freiheit aufgewachsen. Wir haben etwas von der Welt gesehen. Wir wollen unsere Ziele durch harte Arbeit erreichen und nicht, indem wir das Land ausplündern.
Werden Sie 2015 für das Präsidentenamt kandidieren?
Klitschko: Mein vorrangiges Ziel ist es, UDAR in das Parlament zu führen. Alles Weitere sehen wir dann.