Brasiliens Präsidentin kämpft gegen das Aus

Brasília (dpa) - Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff kämpft nach dem Verlust ihres wichtigsten Koalitionspartners um ihr Amt. Nach Medienberichten will sie mehrere Ministerposten an drei Parteien verteilen, um eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Abgeordnetenhaus für ihre Amtsenthebung zu verhindern.

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In Rousseffs Umfeld werde auch über Neuwahlen nachgedacht, berichtete die Zeitung „Folha de São Paulo“. Die Führung der Partei der demokratischen Bewegung Brasiliens (PMDB) hatte am Dienstag den Abzug ihrer sechs Minister aus der Regierung beschlossen. Dabei riefen die Mitglieder: „Weg mit der Arbeiterpartei.“ Seit 2003 war die PMDB Partner der linken Arbeiterpartei. Der Koalitionsbruch kann eine rasche Amtsenthebung wahrscheinlicher machen. Begründet wird das Verfahren mit angeblichen Haushaltstricks und einer Verschleierung des wahren Defizits.

„Dies ist ein Staatsstreich“, sagte Rousseff der „Zeit“ und weiteren internationalen Medien. „Wir hatten in Lateinamerika einmal eine Zeit, in der Militärputsche stattfanden. Heute sehen Staatsstreiche anders aus.“ Sie bestritt, nichts mehr durchsetzen zu können. So habe ihre Regierung den Etat um 30 Milliarden Euro gekürzt. Eine für Donnerstag geplante USA-Reise will sie wegen der Lage absagen.

Bereits Anfang Mai könnte Rousseff für zunächst 180 Tage suspendiert werden, in der Zeit würde der Senat die Vorwürfe gegen sie prüfen. Im Oktober könnte der Senat eine endgültige Amtsenthebung beschließen. Der Vorsitzende der PMDB, Michel Temer (75), würde bei einer Absetzung Rousseffs das Präsidentenamt übernehmen.

Die PMDB ist selbst tief gespalten. Die Regierung könnte daher versuchen, einzelne der 68 PMDB-Abgeordneten auf ihre Seite zu ziehen. Aber es wird nun immer schwerer, noch Reformen durchzusetzen. Für Rousseff bedeutet der Koalitionsbruch nicht nur, dass sie politisch immer handlungsunfähiger wird. Vor allem könnte dies die Amtsenthebung der bis Ende 2018 gewählten Präsidentin vorantreiben.

Ein Auslöser der Krise ist ein riesiger Korruptionsskandal bei Auftragsvergaben des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras, dessen Aufsichtsratsvorsitzende Rousseff von 2003 bis 2010 war. Hinzu kommt eine schwere Rezession. Die als Befreiungsschlag gedachte Nominierung von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva als Kabinettschef entwickelte sich zum Debakel. Ein Bundesrichter untersagte dies. Gegen Lula wird wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt. Er wäre in dem Amt besser vor möglicher Untersuchungshaft geschützt. Rousseff bestreitet, dass die Berufung ihn vor Ermittlungen schützen soll.