Briten können über Brexit entscheiden Wahl in Großbritannien: Wie Boris Johnson gewinnen kann

Düsseldorf · Eine gespaltene Labour-Partei und Absprachen mit der Brexit-Partei von Nigel Farage könnten Boris Johnson für eine Mehrheit reichen.

Will Premierminister bleiben: Boris Johnson von den Tories.

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Dass Großbritannien zuletzt im Dezember gewählt hat, ist knapp 100 Jahre her. Damals führte die Abstimmung zu einem Parlament ohne klare Mehrheitsverhältnisse. Das kann sich am 12. Dezember durchaus wiederholen.

Boris Johnson war im Juli mit einer denkbar knappen Mehrheit im Unterhaus als Premierminister gestartet. Seit er mehrere Abgeordnete seiner eigenen Partei ausgeschlossen und sich mit der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) überworfen hat, führt er nur noch eine Minderheitsregierung. Neuwahlen sind für Johnson und seine konservative Partei der einzige Weg, politisch wieder handlungsfähig zu werden. Aber kann er  tatsächlich gewinnen?

Der Herausforderer: Jeremy Corbyn, Parteichef von Labour.

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Johnson hat den Briten versprochen, sie zum 31. Oktober aus der EU zu führen. Aber mit dieser zentralen Botschaft ist er gescheitert. Nun soll es Ende Januar mit dem Brexit klappen. Außerdem wollen die Tories mehr für Bildung, Sicherheit und das Gesundheitswesen tun. Glaubhaft ist aber auch das nicht. Für die Missstände im öffentlichen Sektor machen viele Briten gerade die Konservativen verantwortlich, da sie seit neun Jahren an der Macht sind.

Beste Voraussetzungen also für Labour, die größte Oppositionspartei. Aber die britischen Sozialdemokraten sind sich nicht grün. Die Partei ist zerrissen zwischen einer Mehrheit aus EU-Befürwortern und einer Minderheit, die den Brexit will. Parteichef Jeremy Corbyn, selbst ein Gegner der EU, hat bislang jede Festlegung vermieden. Das schadet Labour gewaltig. Die Briten wissen nicht, für was diese Partei steht.

Brexit-Partei hat genug Anhänger, um Johnson zu schaden

Da hat es die Brexit-Partei unter Führung von Nigel Farage leichter: Sie verfolgt nur ein Ziel, nämlich raus aus der EU, und zwar ohne Abkommen. Johnson wirft die Partei vor, versagt zu haben. Derzeit kommen Farage und seine Getreuen in Umfragen auf etwa 15 Prozent – das reicht, um den Tories empfindlich zu schaden. Deshalb wird Johnson versuchen, mit der Brexit-Partei Nichtangriffspakte zu schließen, damit sie nicht in allen Wahlbezirken Kandidaten aufstellt. Gerade in Brexit-Hochburgen, wo beide Parteien gute Chancen haben, könnten sie sich gegenseitig Stimmen wegnehmen. Möglich, dass dort dann EU-freundliche Politiker das Rennen machen und ins Parlament einziehen, weil die einfache Mehrheit reicht (siehe Info-Kasten). Ob Farage gesprächsbereit ist, wird sich zeigen. Noch gibt er sich stur.

Neben den Tories, Labour und der Brexit-Partei erreichen auch die Liberaldemokraten Umfragewerte im zweistelligen Bereich. Sie stehen klar für einen Pro-EU-Kurs und streben ein zweites Referendum an, um den Austritt Großbritanniens noch abzuwenden. Denkbar wären auch Absprachen zwischen Labour und den Liberaldemokraten, um in bestimmten Wahlbezirken mit nur einem Kandidaten für eine Pro-EU-Position zu kämpfen. Während diese Haltung an der Labour-Basis viel Zuspruch findet, stößt sie bei Parteichef Corbyn eher auf Widerstand.

Johnson kann sich nicht sicher sein, dass er nach dem 12. Dezember eine Mehrheit hinter sich hat. Als seine Vorgängerin Theresa May im April 2017 Neuwahlen ausrief, führte sie bei Umfragen mit einem größeren Vorsprung als Johnson heute. Übrig blieb davon nichts. Im Gegensatz zu May verfügt Johnson aber über die taktischen Fähigkeiten, mit Farage Deals zu schließen. Und das könnte am Ende entscheidend sein.