Britische IS-Geisel David Haines ermordet
London (dpa) - Mit der gefilmten Enthauptung einer weiteren westlichen Geisel hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) dem Westen den Kampf angesagt.
Ein Internetvideo zeigt die Ermordung des 44-jährigen britischen Entwicklungshelfers David Haines, der im März 2013 in Syrien verschleppt worden war. Die Extremisten nannten die Bluttat eine Vergeltung für britische Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak, die dort gegen den IS kämpfen.
Die britische Regierung hält die Aufnahmen für echt. Premierminister David Cameron sprach von einem „Akt des absolut Bösen“ und kündigte eine Jagd auf die Mörder an. Nach einer eilig einberufenen Sitzung seines Sicherheitskabinetts vermied er aber eine Aussage darüber, ob sich Großbritannien an Luftangriffen der USA gegen den IS beteiligt. „Sie sind keine Muslime, sie sind Monster“, sagte Cameron und warnte vor IS-Terrorismus auch in Europa.
US-Präsident Barack Obama bekräftigte, Amerika und seine Verbündeten würden den IS „vernichten“. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einer „menschenverachtenden Tat“, die geahndet werden müsse. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, die Organisationen IS, Hamas, Al-Kaida, Al-Nusra, Boko Haram und Hisbollah seien alle „Zweige desselben giftigen Baums“.
Die IS-Extremisten, deren Streitmacht nach Schätzungen mehrere Zehntausend Kämpfer angehören, beherrschen weite Landstriche in Syrien und im Irak. Für ihr „Kalifat“ kämpfen auch Hunderte Konvertiten aus Europa und den USA.
In den vergangenen vier Wochen hatte die Sunnitenmiliz ähnliche Videos mit der Enthauptung der ebenfalls seit 2013 in Syrien verschleppten US-Journalisten Steven Sotloff und James Foley gezeigt. Darin wurde jeweils das nächste Enthauptungsopfer angekündigt und vorgeführt. So auch diesmal: Laut IS soll ein weiterer Brite sterben.
Die USA umwirbt Großbritannien und andere westliche Staaten, sich an Luftangriffen im Irak und künftig auch in Syrien auf den IS zu beteiligen. Australien ist schon dabei - und entsendet 600 Soldaten sowie Kampfflugzeuge des Typs Super Hornet, wie Premierminister Tony Abbott erklärte. Die Australier sollen in den Vereinigten Arabischen Emiraten stationiert werden. Die Bundesregierung schließt derzeit aus, die Bundeswehr im Kampf gegen den IS einzusetzen.
Die Familie des jüngsten Mordopfers Haines erklärte in der Nacht: „Er wurde und wird von seiner ganzen Familie geliebt und wird schrecklich vermisst werden.“ Sein Bruder Mike Haines sagte, sein Bruder sei dann am „lebendigsten und begeistertsten“ gewesen, wenn er Menschen in Not habe helfen können.
Haines, ein Ex-Soldat, war unter anderem für die UN auf dem Balkan gewesen. 2013 wurde er bei einem Flüchtlingslager im syrischen Atmeh entführt. Der zweifache Vater sollte dort für die 1993 gegründete Pariser Hilfsorganisation Acted die Auslieferung von Hilfsgütern koordinieren. Acted ist mit mehr als 3000 Mitarbeitern in 34 Staaten tätig. Der Vorstand verurteilte die Enthauptung als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, das nicht ungesühnt bleiben dürfe.
In dem IS-Video erklärte Haines in einer offenkundig einstudierten Rede: „Ich mache dich, David Cameron, in vollem Umfang für meine Exekution verantwortlich.“ Haines war in einen orangen Overall gekleidet, der an die Kleidung der Häftlinge im US-Gefangenenlager Guantanamo erinnert. Wie zuvor Foley und Sotloff kniete er vor seinem maskierten Mörder im Sand - mutmaßlich derselbe Mann mit Londoner Akzent, der auch in den vorherigen Videos zu sehen war. Der Film trägt den Titel „Botschaft an die Verbündeten Amerikas“.
Obama verteidigte in einer Rundfunkansprache die Strategie, den Militäreinsatz weitgehend auf Luftangriffe und die Ausbildung „gemäßigter“ Rebellen in Syrien und Kurden im Nordirak für den Bodenkampf zu beschränken. Eine Reihe von Republikanern hatte Obama angelastet, dies reiche nicht aus.
US-Außenminister John Kerry warb derweil in islamischen Staaten für ein breites Anti-Terror-Bündnis. Nach Besuchen im Irak, in Jordanien, Saudi-Arabien und der Türkei flog er nach Ägypten, um mit Präsident Abdel Fattah al-Sisi und dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, über ein gemeinsames Vorgehen zu sprechen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, die Einladung Frankreichs zu einer Irakkonferenz an diesem Montag in Paris komme angesichts der Bluttat zur rechten Zeit. Es brauche „jetzt schnell eine breit angelegte und regional verankerte politische Strategie“.
Der französische Präsident François Hollande hat internationale Politiker nach Paris geladen, um eine Strategie für den Irak und einen Aktionsplan gegen den IS zu entwickeln. „ Dieser abscheuliche Mord zeigt erneut, wie dringend sich die internationale Gemeinschaft gegen den IS mobilisieren muss“, sagte er. Nach französischen Angaben sind auch 930 in Frankreich lebende Menschen bereits in den Krieg in Syrien und im Irak gezogen.
In der saudischen Hafenstadt Dschidda hatten am Donnerstag zehn arabische Staaten erklärt, sie wollten ihren Teil zum Kampf gegen den IS beitragen. Zu den Ländern gehören neben Saudi-Arabien und dem Irak auch Bahrain, Ägypten, Jordanien, Kuwait, der Libanon, der Oman, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie sagten unter anderem zu, die Finanzströme der Extremisten und den Zulauf von ausländischen Kämpfern zu stoppen.