Bundesregierung nennt Namibia-Massaker jetzt „Völkermord“
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will die Massaker deutscher Truppen vor mehr als 100 Jahren im heutigen Namibia künftig als „Völkermord“ bezeichnen. Dazu ist nach Angaben des Auswärtigen Amts eine gemeinsame Erklärung mit Namibia geplant, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika.
Dort waren zwischen 1904 und 1908, als Deutschland noch Kolonialmacht war, Zehntausende Herero und Nama von kaiserlichen Truppen ermordet worden. Die Kolonialherrschaft ging vor fast genau 100 Jahren am 9. Juli 1915 zu Ende.
Nach Angaben des Auswärtigen Amts gilt für die Bundesregierung nun der Satz: „Der Vernichtungskrieg in Namibia von 1904 bis 1908 war ein Kriegsverbrechen und Völkermord.“ Diese Formulierung stammt aus einem Antrag, den Außenminister Frank-Walter Steinmeier 2012 als SPD-Fraktionschef in den Bundestag eingebracht hatte. Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, sagte, dies sei „politische Leitlinie“ und auch Grundlage für die laufenden Gespräche mit Namibia.
Der Ministeriumssprecher ließ offen, ob es auch eine förmliche deutsche Entschuldigung geben wird. Die Bundesregierung bekenne sich aber ausdrücklich zur „besonderen historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Namibia und seinen Bürgern“. Zum Stand der Verhandlungen sagte er: „Die Gespräche laufen sehr konstruktiv und sind gut vorangekommen, aber noch nicht abgeschlossen.“ Darin geht es neben der Frage der Anerkennung auch um finanzielle Entschädigung.
Die Debatte über das Verhalten der Deutschen in Namibia war durch den 100. Jahrestag des Genozids an den Armeniern im Osmanischen Reich neu entfacht worden, der im April begangen wurde. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte diese Woche bereits in der Wochenzeitung „Die Zeit“ geschrieben: „An den heutigen Maßstäben des Völkerrechts gemessen war die Niederschlagung des Herero-Aufstands ein Völkermord.“