Chavistas feiern Anfang einer „historischen Zeit“ in Venezuela
Caracas (dpa) - Ohne den schwer an Krebs erkrankten Hugo Chávez und unter Protest der Opposition hat in Venezuela die dritte Amtszeit des linkspopulistischen Staatschefs begonnen. Der 58-Jährige wird seit dem 11. Dezember in einem Krankenhaus in Kuba behandelt.
Laut einer umstrittenen Entscheidung des Obersten Gerichts darf er mit seiner Regierung auch ohne Vereidigung im Amt bleiben.
Die Anhänger des Präsidenten - die Chavistas - sprachen vom Beginn einer „historischen Zeit“. Die Opposition kritisierte die Entscheidung der Richter als „vorproduziert“. Tausende Chavistas strömten seit den Morgenstunden auf die Straßen der Hauptstadt Caracas, um symbolisch den Amtsantritt ihres Idols zu feiern. Für den Abend (Ortszeit) war eine Großkundgebung vor dem Miraflores-Palast geplant. Dazu hatte die Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) aufgerufen.
„Hier stehen wir, Comandante Chávez, Dich bestätigend, wie wir es am 7. Oktober getan haben, hier stehen wir, wie Du es uns gelehrt hast, und verteidigen das Mandat des Volkes, das Dich zum Präsidenten für 2013 bis 2019 machte“, sagte der frühere Vizepräsident Elías Jaua am Donnerstag. Zuvor hatte sich Vize-Präsident Nicolás Maduro zufrieden mit der Entscheidung der Obersten Richter gezeigt. Es ist das erste Mal, dass in Venezuela eine Regierung eine neue Amtszeit antritt, ohne dass der Präsident zuvor den Eid ablegt.
Die Opposition verzichtete nach dem Urteil des Obersten Gerichts zwar auf eine offene Konfrontation. Die Parlamentsabgeordnete Vestalia Sampedro sprach aber von einem „vorproduzierten“ Urteil der Richter, das bereits im Dezember getroffen und am Mittwoch lediglich verkündet worden sei. „Man sieht, dass es keine Unabhängigkeit der Gewalten gibt. ... Diese Entscheidung erlaubt jemanden, der nicht gewählt ist, das Land zu regieren“, sagte sie mit Blick auf Maduro, der im Oktober 2012 von Chávez zum Vize-Präsidenten ernannt worden war.
Der ehemalige oppositionelle Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles erklärte, er akzeptiere die Gerichtsentscheidung. Er warf dem Gremium aber vor, die Verfassung zugunsten von Chávez ausgelegt und somit ein politisches Urteil gefällt zu haben. „Die Ungewissheit ist nicht beseitigt, und wir haben eine verlogene Regierung.“ Dieser hielt er vor, nicht die Wahrheit über den Zustand von Chávez zu sagen. So habe der im Oktober 2012 wiedergewählte Staatschef nicht einmal das Schreiben unterzeichnen können, mit dem das Parlament über die Verschiebung des Amtseides informiert worden sei.
Trotz der Abwesenheit des kranken Präsidenten wurden am Donnerstag nach Angaben der Regierung auch Vertreter aus 20 Ländern erwartet. Als erster traf der Präsident Uruguays, José Mujica, ein. Auch die Präsidenten Boliviens, Nicaraguas und Haitis, Evo Morales, Daniel Ortega und Michel Martelly, wurden erwartet sowie etliche Vizepräsidenten und Außenminister.
Auf den Straßen von Caracas demonstrierten die „Chavistas“ die Unterstützung für ihr Idol. „Wir beten, um unseren Gott zu bitten, dass er ein Wunder geschehen lässt und uns unseren Führer zurückbringt“, sagte ein weibliches Mitglied der Bolivarianischen Miliz, die Chávez 2005 gegründet hatte. „Ich gehe mit meinem Präsidenten durch dick und dünn. Heute braucht er unser aller Unterstützung, und hier sind wir, auf der Straße“, sagte eine Chávez-Anhängerin im staatlichen Fernsehsender VTV.
Chávez musste seit Juni 2011 wegen eines nicht näher benannten Krebsleidens bereits viermal operiert werden. Der letzte Eingriff erfolgte am 11. Dezember. Danach traten Komplikationen auf. So soll er nach einer Lungenentzündung unter schwerer Atemnot leiden.
2012 hatte er sich vor der Wahl zunächst für geheilt erklärt. Nach dem Wahlsieg teilte Chávez dann aber mit, dass der Krebs zurückgekehrt sei. Am Freitag wollte Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner nach Havanna reisen, um Chávez im Krankenhaus zu besuchen.