Die Regenbogennation verabschiedet ihren Helden
Südafrika feiert ein Fest für den verstorbenen Nelson Mandela. Der Friedensnobelpreisträger wird fehlen.
Johannesburg. Schon in den frühen Morgenstunden haben sie begonnen zu singen. Immer lauter, tanzend. Es ist die Hymne der Freiheitskämpfer, mit denen die Südafrikaner ihren Nationalhelden Nelson Mandela verabschieden. „Mandela, akekho ofana nawe“, „Mandela, es gibt keinen anderen wie dich“, rufen Zehntausende im gigantischen Johannesburger Stadion. Der Sprechgesang ist ohrenbetäubend, elektrisierend statt bedrückend — eine besondere Art der Trauer, die zeigt, wie sehr Mandela dieses Land geprägt hat.
„Wir sind heute hier, um Madiba zu sagen, dass er sich endlich ausruhen kann. Sein langer Weg ist vorbei, aber unserer beginnt erst“, sagt der Vizepräsident des regierenden ANC, Cyril Ramaphosa. Am Donnerstag war der „Vater der Nation“ mit 95 Jahren gestorben — es war ein langsamer Tod, der über Monate von der Öffentlichkeit beobachtet wurde. „Lang lebe der Spirit von Nelson“, rufen rufen Redner. Doch der Friedensnobelpreisträger wird schmerzhaft fehlen.
„Jemanden wie Nelson Mandela wird es nie wieder geben. Aber ich will den jungen Menschen in Südafrika und auf der ganzen Welt etwas sagen: Ihr könnt sein Leben zu eurem machen“, rief US-Präsident Barack Obama. Mandela habe verstanden, dass Ideen nicht hinter Gefängnismauern gesperrt werden können. Der Friedensnobelpreisträger, der in Südafrika auch liebevoll „Tata Madiba“ (Vater Madiba) genannt wird, hatte das Land aus der Apartheid in ein friedliches Zusammenleben geführt — nach 27 Jahren Gefängnis ohne Groll gegen seine Unterdrücker.
Die Regenbogennation verabschiedet ihren Helden ganz in der Nähe von Mandelas ehemaliger Heimat, dem Township Soweto. Hier hielt er nach 27 Jahren im Gefängnis 1990 vor 100 000 jubelnden Menschen eine flammende Rede für die Demokratie. Hier sahen die meisten Südafrikaner ihren „Tata Madiba“ bei der Fußball-WM 2010 das letzte Mal. So wollen sie ihn in Erinnerung behalten, alt, aber strahlend und optimistisch.
Doch bei allem Optimismus wird auch deutlich, dass Mandelas Lebenswerk noch nicht vollendet ist. „Unser Fortschritt darf den Fakt nicht verschleiern, dass unsere Arbeit noch nicht getan ist“, sagt Obama. Und so sehr er, Mandelas Familie und ehemalige südafrikanische Präsidenten bejubelt werden, muss sich der amtierende Präsident Jacob Zuma immer wieder ein Pfeifkonzert gefallen lassen. Doch damit wird sich Südafrika erst nach der nationalen Trauerwoche beschäftigen müssen. Am Sonntag wird Mandela nahe seines Heimatdorfes Qunu beigesetzt. In Johannesburg rufen die Leute zum Abschied: „Hamba Kahle, Madiba“ — „Leb wohl, geh in Frieden“.