„Dilma raus“: Neue Proteste gegen Brasiliens Staatschefin
Rio de Janeiro (dpa) - Zehntausende Menschen haben in Brasilien mit „Dilma raus“-Rufen die Absetzung von Staatschefin Dilma Rousseff gefordert. Die Demonstranten gingen am Sonntag in mehreren Städten des Landes auf die Straße.
Die größte Kundgebung fand mit etwa 30 000 Menschen in der Wirtschaftsmetropole São Paulo statt, in der Hauptstadt Brasilia gingen nach Polizeiangaben 5000 bis 6000 Menschen auf die Straße. Allerdings demonstrierten weit weniger Menschen als im März oder August gegen Rousseff, die im Zuge einer politischen und wirtschaftlichen Krise nur noch rund zehn Prozent Zustimmung genießt. Laut der Zeitung „Globo“ demonstrierten insgesamt 83 000 Menschen.
Rousseff, die am Montag ihren 68. Geburtstag feierte, droht ein Amtsenthebungsverfahren: Parlamentspräsident Eduardo Cunha hat dies wegen angeblicher Tricksereien bei Haushaltszahlen vorgeschlagen. Im Fall einer Annahme durch einen Ausschuss des Abgeordnetenhauses bekommt die Politikerin der Arbeiterpartei Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Dann müssen zunächst die Abgeordneten mit Zweidrittelmehrheit über die Amtsenthebung abstimmen, danach auch der Senat.
Cunha, dem die Annahme von fünf Millionen Dollar Schmiergeld vorgeworfen wird, muss seinerseits eine Amtsenthebung fürchten. Er und Rousseff sind verfeindet - dies verschärft die Blockade zwischen Regierung und Parlament und die Verabschiedung notwendiger Reformen.
Brasilien wird seit Monaten von einem großen Korruptionsskandal um Auftragsvergaben des Ölkonzerns Petrobras erschüttert. Zudem steckt das fünftgrößte Land der Welt in einer tiefen Rezession, drei Quartale infolge ging die Wirtschaftsleistung zurück, das hatte es zuletzt 1990 gegeben. Die Inflation liegt bei rund zehn Prozent, die Währung Real hat gegenüber dem US-Dollar deutlich an Wert eingebüßt. Die Organisatoren der Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro müssen daher einen massiven Sparkurs fahren - auch aus Angst vor neuen Protesten der Bevölkerung. So sollen die Sportler unter anderem Klimaanlagen selbst bezahlen.