Ein Israeli im Tauschgegen 1027 Palästinenser

Die überraschende Übereinkunft ist eine Folge des Arabischen Frühlings.

Tel Aviv. Jahrelang hatten die Deutschen zwischen Israel und seinem Erzfeind Hamas vermittelt, doch der Durchbruch gelang letztlich mit Hilfe von Kairo: Schon in den kommenden Tagen soll der 2006 in den Gazastreifen verschleppte israelische Soldat Gilad Schalit freikommen, im Gegenzug für die Entlassung von 1027 palästinensischen Häftlingen. Die Heimkehr des verlorenen Sohns, den inzwischen viele Israelis fast wie ihr eigenes Kind betrachten, könnte dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu einen riesigen PR-Erfolg verschaffen.

Auch die im Gazastreifen herrschende Hamas kann sich auf ausgelassene Jubelfeiern einstellen, wenn die palästinensischen Häftlinge von ihren Familien in die Arme geschlossen werden können.

Jahrelang hatten die zähen Verhandlungen zwischen den Erzfeinden nicht gefruchtet, nicht zuletzt, weil der Preis für Israel so hoch ist. Die Freilassung 450 militanter Palästinenser unter den 1000, die an tödlichen Anschlägen beteiligt waren, ist in Israel weiterhin sehr umstritten. Es wird befürchtet, dass die Männer in Zukunft wieder den Weg der Gewalt einschlagen und weitere Menschen bei Anschlägen ums Leben kommen könnten.

Doch der emotionale Druck auf Netanjahu war enorm: Die Familie von Schalit führt seit Jahren eine unermüdliche Medienkampagne zur Freilassung des inzwischen 25-Jährigen. Die verzweifelten Eltern, Noam und Aviva Schalit, harren fast pausenlos in einem Protestzelt in unmittelbarer Nähe des Amtssitzes von Netanjahu in Jerusalem aus, um den Fall nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. „Es ist nicht ein Tag vergangen, an dem wir nicht versucht haben, Gilad nach Hause zu bringen“, sagte Netanjahu zu Beginn einer Sondersitzung seines Kabinetts in Jerusalem.

Angesichts der dramatischen Umwälzungen in der arabischen Welt und der fortschreitenden israelischen Isolation in der Region wuchs zuletzt der Druck auf Netanjahu, einem Tauschhandel zuzustimmen. „Es kann sein, dass das Gelegenheitsfenster sich geschlossen hätte“, erklärte der Regierungschef seine überraschende Zustimmung. Daher habe er seine Unterhändler am vergangenen Donnerstag angewiesen, eine Grundsatzeinigung mit Hamas zu unterzeichnen.