Wohl natürlichen Ursprungs Erdbeben bei Atomtestgelände in Nordkorea
Seoul/Peking (dpa) - Fast drei Wochen nach dem weltweit verurteilten Atomwaffentest durch Nordkorea hat in der Nähe des Testgeländes ein leichtes Erdbeben für Aufregung gesorgt. Südkoreanische Experten erklärten, es habe sich wohl um ein „natürliches Beben“ und keinen Atomtest gehandelt.
Die norwegische Erdbebenwarte Norsar sagte ebenfalls, die bisher ausgewerteten seismischen Signale sprächen eher für ein Nachbeben oder Felseinsturz als Folge des Tests vom 3. September. Die japanische Regierung verzichtete auf die Einberufung einer Krisensitzung.
Auch die Vorbereitungskommission für die Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen sprach von Anzeichen für ein „natürliches Ereignis“. „Unwahrscheinlich von Menschen verursacht“, teilte der Leiter Lassino Zerbo über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Es gebe Ähnlichkeiten zu dem „Einsturzereignis“, das sich einige Minuten nach dem nordkoreanischen Atomtest am 3. September ereignet habe.
Während die Südkoreaner ein Beben der Stärke 3,2 im Landkreis Kilju gemessen haben, sprachen chinesische Behörden von einem „künstlichen Beben“ der Stärke 3,4. Nach Angaben des südkoreanischen Wetteramtes wurde die Erde am späten Nachmittag (Ortszeit) in etwa 20 Kilometer Entfernung von dem Atomtestgelände im Nordosten des Landes durch das Beben erschüttert. „Eine Schallwelle, die gewöhnlich im Falle eines künstlichen Erdbebens entsteht, wurde nicht gemessen“, zitierte die Nachrichtenagentur Yonhap einen Mitarbeiter der Behörde.
Das Geologische Institut der USA verortete das Beben in fünf Kilometern Tiefe. Es könnte aber zunächst nicht bestätigt werden, ob es eine natürliche oder künstliche Ursache gehabt habe.
Erdbeben waren jeweils bei unterirdischen nordkoreanischen Atomwaffentests gemessen worden. Das Zentrum des neuen Bebens sei ungefähr an der Stelle gewesen, wo nach dem jüngsten Atomtest am 3. September ein weiteres Beben gemessen worden war, berichtete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua.
Damals hatten chinesische Seismologen die These geäußert, in dem von Atomtests zerrütteten Gestein sei es zu einem unterirdischen Einsturz gekommen. Bei dem jüngsten Atomtest war nach nordkoreanischen Angaben eine Wasserstoffbombe gezündet worden, die eine um ein Vielfaches höhere Sprengkraft hat als klassische Atombomben. Dieser sechste Atomversuch Nordkoreas seit 2006 hatte weltweit scharfe Kritik ausgelöst.
Der Konflikt zwischen Nordkorea und den USA über die Raketen- und Nukleartests von Pjöngjang hatte sich erst am Freitag weiter zugespitzt. Als Reaktion auf kriegerische Töne des US-Präsidenten Donald Trump, der Nordkorea in seiner Rede vor den Vereinten Nationen mit der „totalen Vernichtung“ im Falle eines Angriffes gedroht hatte, erklärte der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un: „Ich werde den geisteskranken, dementen US-Greis gewiss und auf jeden Fall mit Feuer bändigen.“
Kims Außenminister Ri Yong Ho brachte sogar den Test einer Wasserstoffbombe über dem Pazifik ins Spiel. Ob Nordkorea tatsächlich über eine einsatzfähige Wasserstoffbombe verfügt, ist allerdings unklar.
Als Konsequenz aus den Raketen- und Atomtests Nordkoreas hatte China am Samstag eine Drosselung der Ölexporte nach Pjöngjang angekündigt. Wie das Handelsministerium in Peking mitteilte, wird China die Lieferungen raffinierter Ölerzeugnisse an Nordkorea ab dem 1. Oktober zurückfahren. Zudem werde ein Einfuhrverbot auf Kleidung verhängt, die in Nordkorea produziert wurde.
Mit der Ankündigung setzt Peking Sanktionen der Vereinten Nationen um. Der UN-Sicherheitsrat hatte die neuen, scharfen Strafmaßnahmen nach dem jüngsten Atomtest Nordkoreas verhängt.