Beitrittsverhandlungen Erdogan: Russland und China wären Alternativen zur EU
Istanbul (dpa) - Die Türkei könnte sich bei einem Ende der EU-Beitrittsverhandlungen nach den Worten von Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Russland und China orientieren. Eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU sei nicht alternativlos.
Das sagte Erdogan nach Angaben der Zeitung „Hürriyet“ bei seinem Rückflug von Usbekistan vor mitreisenden Journalisten. Vorstellbar sei etwa, dass sich die Türkei der von Russland und China dominierten Shanghaier Kooperationsorganisation (SCO) anschließe. Darüber habe er bereits mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gesprochen.
Erst vor wenigen Tagen hatte Erdogan von der EU eine Entscheidung über einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen bis zum Ende des Jahres gefordert und andernfalls ein Referendum in der Türkei angekündigt. Bei seinem Rückflug aus Usbekistan bemängelte Erdogan nun erneut die zögerliche Haltung Europas im Beitrittsprozess. „Die EU hält uns seit vollen 53 Jahren hin“, sagte er.
In einem Interview des US-Nachrichtensenders CBS machte Erdogan seine Enttäuschung über die Politik Washingtons im Syrien-Konflikt und in der Flüchtlingskrise deutlich. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich sei nicht desillusioniert“, sagte Erdogan in der Sendung „60 Minutes“ laut vorab veröffentlichten Auszügen des Gesprächs.
Die Türkei habe diese Themen bei US-Präsident Barack Obama und Vizepräsident Joe Biden zur Sprache gebracht, sagte Erdogan. „Sie haben sich der Situation nicht gewachsen gezeigt und diese Themen nicht ernsthaft behandelt. Das war für uns sehr ärgerlich.“
Die Türkei bekämpft in Nordsyrien die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), aber auch die Kurden-Milizen der YPG. Die USA arbeiten im Kampf gegen den IS dagegen mit der YPG zusammen. Die YPG ist der syrische Ableger der in der Türkei, in der EU und in den USA verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Türkei hat nach eigenen Angaben rund drei Millionen Flüchtlinge aufgenommen.