Russland bremst Ankara Erdogan verdächtigt nach Botschafter-Attentat Gülen-Bewegung
Ankara (dpa) - Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan verdächtigt die Gülen-Bewegung, für den Mord am russischen Botschafter in Ankara verantwortlich zu sein.
Erdogan sagte in Ankara, alles deute darauf hin, dass der getötete Attentäter „Mitglied der Fetö-Terrororganisation“ gewesen sei: „Angefangen von dem Ort, an dem er ausgebildet wurde, bis hin zu seinen Verbindungen“.
Er fügte hinzu: „Es gibt keinen Grund, das zu verheimlichen.“ Bei dem Attentäter, der den Botschafter Andrej Karlow ermordete, handelte es sich um einen 22-jährigen Polizisten.
Der Kreml hält türkische Schuldzuweisungen nach der Ermordung Karlows dagegen für verfrüht. „Moskau ist der Ansicht, dass erst die Resultate der Ermittlergruppe vorliegen sollten“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben der Agentur Tass in Moskau.
Fetö ist die amtliche türkische Bezeichnung für die Bewegung des in den USA lebenden sunnitischen Predigers Fethullah Gülen, die in der Türkei als Terrororganisation eingestuft wird. Die Regierung hält Gülen auch für den Drahtzieher des Putschversuches in der Türkei Mitte Juli und fordert von den USA dessen Auslieferung. Gülen verurteilte das Attentat auf Karlow am Mittwoch scharf. Er dementiert außerdem regelmäßig, Drahtzieher des Putschversuches gewesen zu sein.
Erdogan sagte mit Blick auf die Gülen-Bewegung: „Ich muss ganz offen und klar sagen: So, wie es innerhalb unserer Streitkräfte diese schmutzige Organisation immer noch gibt, gibt es sie leider auch innerhalb unserer Polizei. Deren Säuberung dauert natürlich an und wird auch fortgesetzt.“ Er fügte hinzu: „Es gibt auch Hinweise darauf, was die Verbindungen dieser Person ins Ausland betrifft.“
Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu hatte berichtet, der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu habe seinen US-Kollegen John Kerry informiert, dass die Gülen-Bewegung für den Mord verantwortlich sei. Das wüssten „sowohl die Türkei als auch Russland“.
Kremlsprecher Peskow sagte, er rechne damit, dass die gemeinsame Ermittlergruppe die Drahtzieher der Ermordung Karlows früher oder später finden werde. Das von Russland nach Ankara entsandte Expertenteam nahm unterdessen seine Ermittlungen zum Attentat auf. Die 18 Experten aus Russland seien in Ankara mit Polizisten aus dem Bereich der Terrorismusbekämpfung zusammengetroffen, berichtete Anadolu. 120 Mitarbeiter der Polizei in Ankara seien abgeordnet worden, um mit dem russischen Team zusammenzuarbeiten.
Karlow war am Montagabend in Ankara hinterrücks erschossen worden. Der Attentäter, dessen Namen das Innenministerium mit Mevlüt Mert Altintas angab, wurde von Spezialkräften getötet.
Anadolu berichtete, im Zusammenhang mit dem Mord seien zwölf Verdächtige in Gewahrsam. Nach früheren Angaben sind darunter die Eltern, eine Schwester und andere Verwandte des Attentäters.
Seit dem Putschversuch sind in der Türkei nach offiziellen Angaben mehr als 40 000 Verdächtige in Untersuchungshaft genommen worden, denen Gülen-Verbindungen vorgeworfen werden. Das Bildungsministerium suspendierte am Mittwoch wegen Gülen-Verdachts weitere knapp 2000 Mitarbeiter vom Dienst, darunter auch Lehrer.
Die Zeitung „Hürriyet“ berichtete am Mittwoch, der Attentäter sei nach dem Putschversuch von Mitte Juli als Polizist bei acht Veranstaltungen mit Erdogan in Ankara eingesetzt gewesen. Er habe aber nicht zu dem Sicherheitspersonal gehört, das unmittelbar für den Schutz des Staatschefs verantwortlich gewesen sei.
Der russische Präsident Wladimir Putin verlieh Karlow posthum den Ehrentitel „Held Russlands“. Putin will an diesem Donnerstag in Moskau auch an den Trauerfeiern für den ermordeten Botschafter teilnehmen. Er verschob deswegen seine Jahrespressekonferenz auf Freitag. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill wird einen Trauergottesdienst für Karlow in der Moskauer Erlöser-Kathedrale leiten.