EU-Kommissar droht unwilligen Steueroasen mit Sanktionen

Brüssel/Berlin (dpa) - Nach der Aufdeckung Hunderttausender Briefkastenfirmen in Panama droht die EU-Kommission unwilligen Steueroasen mit Konsequenzen. Die Europäer sollten sich laut Steuerkommissar Pierre Moscovici binnen sechs Monaten auf eine gemeinsame „Schwarze Liste“ für Steueroasen einigen.

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„Wir (...) müssen bereit sein, sie (die Länder) mit angemessenen Sanktionen zu treffen, falls sie Veränderungen ablehnen“, sagte der Franzose am Donnerstag in Brüssel. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) setzt sich nach einem Medienbericht für eine globale Transparenzoffensive ein. Auch die Bundesländer pochen auf zusätzliche Schritte und prüfen schärfere Gesetze.

Ein internationales Journalistenkonsortium um die „Süddeutsche Zeitung“ hat 214 000 Briefkastenfirmen in Panama aufgedeckt. Die sogenannten Panama Papers bringen weltweit Politiker, Reiche oder Sportler in Erklärungsnot. Unklar ist, inwieweit die bekanntgewordenen Geschäfte unrechtmäßig sind. Die 11,5 Millionen Dokumente werfen aber viele Fragen auf. Briefkastenfirmen können auch für Geldwäsche und Steuerhinterziehung genutzt werden.

Der russische Präsident Wladimir Putin sieht die „Panama Papers“ als Versuch, von außen Unfrieden in Russland zu stiften. Es solle fälschlich der Verdacht der Korruption erweckt werden, sagte Putin in St. Petersburg. Die Unterstellungen über Offshore-Firmen sollten Russland „gefügiger machen, uns so frisieren, wie sie wollen“, erklärte er russischen Agenturen zufolge.

Schäuble will auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank kommende Woche in Washington einen Vorstoß für mehr Transparenz machen, schreibt die „Wirtschaftwoche“. Die Staatengemeinschaft solle sich verpflichten, bei allen Unternehmen die wirtschaftlich Berechtigten zu ermitteln, also auch die Hintermänner von Briefkastenfirmen. Die Regierung in Panama hatte angesichts der Vorwürfe eine Expertenkommission beauftragt, den Finanzmarkt unter die Lupe nehmen.

Die Finanzminister der Bundesländer fordern die Bundesregierung auf, „unverzüglich“ weitere Schritte einzuleiten. Finanzinstitute, die Beihilfe zum Steuerbetrug leisteten, müssten stärker belangt werden. Das Kreditwesengesetz müsse ein Vorgehen gegen Banken bei systematischer Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermöglichen.

Geprüft werden sollte, ob Steuerpflichtige künftig jede Beteiligung an und jede Geschäftsbeziehung zu Unternehmen aus Offshore-Staaten darlegen müssen. Ausgelotet werden soll, ob Finanzinstitute anzeigen, wenn sie entsprechende Geschäftsbeziehungen vermittelt oder hergestellt haben. Eine Verletzung der Anzeigepflicht soll Sanktionen zur Folge haben.

Die Grünen werfen der Bundesregierung Versäumnisse vor. Ausländische Anleger könnten Deutschland wie eine Steueroase nutzen. Hintergrund sei eine eingeschränkte Steuerpflicht bei der Quellensteuer für Bankkunden, die als „Steuerausländer“ gelten. Hier verzichtet der Staat in der Regel auf die Besteuerung von Zinsen, weil er davon ausgeht, dass diese Bankkunden in ihrem Heimatland Steuern zahlen.

Das Bundesfinanzministerium weiß aber nicht, wieviel Vermögen solche „Steuerausländer“ in Deutschland angelegt haben und ob sie dafür Steuern zahlen. „Es mutet seltsam an, wenn Finanzminister Wolfgang Schäuble behauptet, die „Panama Papers“ unterstützen den Kurs der Bundesregierung im Kampf gegen Steueroasen“, sagte Grünen-Expertin Lisa Paus. „Die Wahrheit ist, Deutschland agiert gegenüber ausländischen Anlegern in Teilen selbst wie eine Steueroase.“

Im Zuge der „Panama Papers“ hat der Vorstandsvorsitzende der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank, Michael Grahammer, seinen Rücktritt bekannt gegeben. Gegen Kunden der Hypo Vorarlberg ist in der Vergangenheit bereits in mehreren Fällen wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelt worden. Die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) hatte eine Überprüfung der Bank in Auftrag gegeben. Grahammer betonte weiterhin die Rechtmäßigkeit der Geschäfte.