EU verliert die Geduld mit der Ukraine

Brüssel macht klar: So geht es nicht weiter. In Kiew geben Anhänger eines Westkurses die Hoffnung nicht auf.

Kiew. Die Europäische Union verliert die Geduld mit der Ukraine. Nach wochenlangem Zick-Zack-Kurs der früheren Sowjetrepublik setzte die EU-Kommission die Arbeit an einem Partnerschaftsabkommen aus.

„Die Worte und Taten des Präsidenten und der Regierung bezüglich des Assoziierungsabkommens liegen immer weiter auseinander“, teilte der zuständige EU-Kommissar Stefan Füle am Sonntag mit.

Die Führung in Kiew betonte hingegen, sie setze die Verhandlungen fort. In der ukrainischen Hauptstadt demonstrierten Zehntausende Gegner, aber auch Anhänger des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch.

Weit mehr als 100 000 Menschen strömten nach Veranstalterangaben zu einer „Volksversammlung“ der prowestlichen Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko auf den Unabhängigkeitsplatz. Die Polizei sprach von 20 000 Teilnehmern. Die Regierungsgegner fordern einen Westkurs ihres Landes sowie den Rücktritt Janukowitschs, der auf Druck Russlands das Abkommen mit der EU verweigert hatte.

Den Beitritt zu einer von Moskau angeführten Zollunion lehnten die Demonstranten in einer Resolution ab. Die Ukraine ist in der Frage einer engen Partnerschaft mit der EU oder mit Russland tief gespalten.

Klitschko machte sich für eine Vermittlung Deutschlands in dem festgefahrenen Konflikt stark. „Deutschlands Wort hat hier großes Gewicht. Ich wäre froh, wenn sich die Bundesregierung als Vermittlerin einschalten würde“, sagte der 42-Jährige dem „Spiegel“. Ein Runder Tisch mit Janukowitsch habe kein Ergebnis gebracht.

In einem Park am Parlament versammelten sich unterdessen etwa 15 000 Unterstützer von Janukowitsch. Sie behaupten, eine Annäherung an die EU würde dem Land schweren Schaden zufügen, und werfen dem Staatenbund Einmischung in innere Angelegenheiten vor.

Als Zeichen an die Opposition feuerte Janukowitsch das amtierende Stadtoberhaupt von Kiew, Alexander Popow, als Verantwortlichen für einen brutalen Polizeieinsatz gegen EU-Anhänger vor zwei Wochen mit Dutzenden Verletzten und Festnahmen. Auch die Polizeichefs von Kiew und der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates sollen wegen Amtsmissbrauchs zunächst unter Hausarrest gestellt werden.