Schutz des Privatlebens EuGH stoppt Abkommen zu Fluggastdaten

Luxemburg (dpa) - Mit einer spektakulären Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof die Rechte von Bürgern auf Schutz ihrer persönlichen Daten gestärkt.

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Das höchste EU-Gericht erklärte ein von der EU und Kanada geplantes Abkommen zum Austausch von Fluggastdaten für unvereinbar mit Vorschriften zur Achtung des Privatlebens und zum Datenschutz. Als Folge könnten nun auch bereits bestehende Vereinbarungen mit den USA und Australien sowie die neue EU-Richtlinie zur Fluggastdatenspeicherung noch einmal auf den Prüfstand müssen. Potenzielle Auswirkungen würden geprüft, teilte die EU-Kommission mit.

Datenschützer und Kritiker der Abkommen zeigten sich erfreut. Das Gutachten des EuGH belege, dass der europäische Gesetzgeber bei Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen erneut die Grenzen des Zulässigen überschritten habe, kommentierte der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht. Die Datenschutzorganisation EDRi forderte eine sofortige Überarbeitung aller „illegalen“ Vorschriften und Praktiken.

In ihrem verbindlichen Gutachten zum EU-Kanada-Abkommen beanstanden die Luxemburger EuGH-Richter vor allem das Ausmaß der vorgesehen Datenspeicherung. Zur Bekämpfung terroristischer Straftaten und grenzübergreifender schwerer Kriminalität seien zwar Eingriffe in die Grundrechte möglich, konstatieren sie. Im vorliegenden Fall beschränkten sich diese aber nicht auf das absolut notwendige Maß.

Als konkreten Punkt nennen die Richter vor allem die geplante Erlaubnis für Kanada, europäische Fluggastdaten auch ohne konkreten Anlass für fünf Jahre zu speichern. Zudem wird unter anderen die vorgesehene Übermittlung von Informationen kritisiert, aus denen sich „die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit“ ableiten lassen.

Zu den sogenannten Fluggastdaten können neben Kontakt-, Reise- und Zahlungsinformationen nämlich auch Informationen zu Ernährungsgewohnheiten oder dem Gesundheitszustand zählen. So können Reisende bei der Lufthansa beispielsweise eine „muslimische Mahlzeit“ oder „glutenfreie Kost“ bestellen.

Wie es mit dem EU-Kanada-Abkommen und anderen Vereinbarungen weiter geht, ist noch unklar. Die für Änderungsvorschläge zuständige EU-Kommission teilte lediglich mit, sie werde alles Erforderliche tun, um sicherzustellen, dass der Informationsaustausch fortgesetzt werden könne. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte in Berlin, auch die Bundesregierung prüfe mögliche Konsequenzen der EuGH-Entscheidung.

Die Prüfung, ob das EU-Kanada-Abkommen mit Unionsrecht vereinbar ist, hatte das Europäische Parlament in Auftrag gegeben. Es muss ihm zustimmen.

Mit Blick auf die nun notwendige Überarbeitung des Abkommens fordern die EuGH-Richter eine klarere und präzisere Definition der zu übermittelnden Daten. Zudem sollen Reisende ein Informationsrecht haben, wenn ihre Daten während ihres Aufenthalts oder nach ihrer Ausreise verwendet oder weitergegeben werden.