Großkundgebung in Paris Fillon kämpft um sein politisches Überleben
Paris (dpa) - Mit einer Großkundgebung hat sich der angeschlagene französische Präsidentschaftskandidat François Fillon gegen Rücktrittsforderungen aus dem eigenen Lager gestemmt.
Vor Zehntausenden Anhängern prangerte der Konservative in Paris das Verhalten seiner Kritiker als „Fahnenflucht“ an. In einem Fernsehinterview bekräftigte Fillon am Sonntagabend, dass er sich nicht zurückziehen werde. Wichtige Parteikollegen forderten einen „Ausweg aus der Krise“. Der ehemalige Premierministers Alain Juppé, den einige als möglichen Ersatzkandidaten ins Spiel gebracht hatten, kündigte für Montagvormittag eine Erklärung an.
Der Wahlkampf des früheren Premierministers wird seit Wochen vom Verdacht einer Scheinbeschäftigung seiner Frau auf Parlamentskosten belastet. Die Justiz ermittelt, Fillon weist die Vorwürfe zurück.
Sieben Wochen vor dem ersten Wahlgang ist die Nervosität bei den konservativen Republikanern groß. Für Montagabend hat die Partei ein Treffen ihres politischen Komitees angesetzt, in dem alle wichtigen Parteigrößen vertreten sind. „Niemand kann mich daran hindern, Kandidat zu sein“, betonte Fillon im Sender France 2 unter Verweis auf seinen Sieg bei der Vorwahl der bürgerlichen Rechten im November. Er sei zu Gesprächen bereit, aber: „Das ist meine Entscheidung.“
„Ich glaube fest, dass ein Rückzug dieser Kandidatur meine politische Familie in eine Sackgasse bringen würde“, sagte Fillon, der am Samstag 63 Jahre alt wurde. Nur sein stramm konservatives Programm ermögliche es, sich der Rechtspopulistin Marine Le Pen entgegenzustellen.
Fillon sah sich durch die Demonstration seiner Anhänger in der Nähe des Eiffelturms gestärkt: Sie habe bewiesen, dass die Wähler der bürgerlichen Rechten weiter hinter ihm stünden. Die Veranstalter sprachen von 200 000 Teilnehmern, der Sender BFMTV meldete unter Berufung auf eine Polizeiquelle dagegen 35 000 bis 40 000 Menschen.
Wichtige Konservative erhöhten den Druck weiter: „Ich weigere mich, unsere Anhänger und Wähler in den kollektiven Suizid zu führen“, sagte der wichtige Regionalpolitiker Christian Estrosi dem Sender BFMTV. Nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP hatten sich am Wochenende auch Juppé und Ex-Staatspräsident Nicolas Sarkozy über die Lage abgestimmt. Aus dem Umfeld Juppés hatte es Freitag geheißen, dass dieser bereitstünde, falls Fillon sich zurückzieht.
Fillon war wegen der Affäre in der Wählergunst abgerutscht. Nach einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage liegt er für den ersten Wahlgang nur noch bei 17 Prozent, deutlich hinter der Rechtspopulistin Marine Le Pen (26 Prozent) und dem sozialliberalen Kandidaten Emmanuel Macron (25 Prozent). Mit Juppé statt Fillon könnten die Konservativen dagegen hoffen, Macron von Platz zwei zu verdrängen und in die Stichwahl einzuziehen.
Nach Zählung der Zeitung „Libération“ sind inzwischen mehr als 300 Politiker der Republikaner und ihrer Verbündeten von Fillon abgerückt, auch Fillons Kampagnen-Chef trat zurück.
Bei der Kundgebung appellierte Fillon an die Politiker seines Lagers: „Ich habe meine Gewissensprüfung gemacht. (...) Jetzt ist es an Ihnen, Ihre Gewissensprüfung zu machen.“ Mehrfach wurde er von seinen Fahnen schwingenden Anhängern mit Rufen „Fillon Président“ unterbrochen. Der Kandidat vermied in seiner Rede neue scharfe Angriffe auf die Justiz, die ihm viel Kritik eingebracht hatten. Auffällig war, dass Fillon seine frühere Ankündigung, „bis zum Ende zu gehen“ und „nicht aufzugeben“, bei der Demonstration nicht wiederholte.
Fillon räumte erneut ein, dass die Beschäftigung seiner Frau Penelope als parlamentarische Mitarbeiterin ein moralischer Fehler gewesen sei. „Ich hätte das nicht tun sollen.“ Penelope Fillon hatte sich zuvor erstmals in einem Interview zu der Affäre geäußert und versichert, dass sie tatsächlich für ihren Mann gearbeitet habe.
Ende Januar war bekanntgeworden, dass Penelope Fillon jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin für ihren Mann und dessen Nachfolger in der Nationalversammlung angestellt war. Das ist an sich legal, falls sie wirklich gearbeitet hat. Fillon ist für Mitte März von Ermittlungsrichtern vorgeladen, dabei droht ihm die Eröffnung eines Verfahrens. Die Franzosen wählen ihren neuen Staatschef in zwei Runden am 23. April und am 7. Mai.