G-20-Gipfel: Die Europäer ringen um Geschlossenheit

Die EU ist in der Syrien-Frage gespalten. Mit hektischer Krisendiplomatie wird in St. Petersburg nach Auswegen gesucht.

St. Petersburg. Die Syrien-Krise wirbelt den Fahrplan des St. Petersburger G-20-Gipfels durcheinander. Die Aussicht auf mögliche Luftschläge der USA und Alliierter gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad belastet das Spitzentreffen in einem früheren Zarenschloss in beispielloser Weise.

Der italienische Ministerpräsident Enrico Letta beschreibt die dramatische Lage zum Auftakt eindringlich: „Dieser G-20-Gipfel ist die letzte Möglichkeit, um politische und verhandelte Lösungen für Syrien zu finden.“

In Rom appellierte Papst Franziskus an die Staatenlenker, einen Militärschlag in Syrien zu vermeiden und stattdessen Friedensbemühungen eine Chance zu geben. Ein ungewöhnlicher Schritt, zumal die G-20-Treffen üblicherweise zur Bekämpfung der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise dienen und nicht der Außenpolitik.

Die Europäer versuchten mit einer hektischen Krisendiplomatie, ihre eigenen Reihen so geschlossen wie möglich zu halten. Die Gespräche gingen hinter den Kulissen des Treffens der weltweit mächtigsten Wirtschaftsnationen (G 20) weiter.

EU-Ratsvorsitzender Herman Van Rompuy meinte mit Blick auf die vermuteten Giftgas-Angriffe in der Nähe von Damaskus mit mehr als 1400 Toten: „Die internationale Gemeinschaft kann nicht untätig bleiben.“ Die Vereinten Nationen (UN) müssten bei einer politischen Lösung eine zentrale Rolle spielen.

Van Rompuy deutete an, wie schwierig es ist, in der Gemeinschaft der 28 EU-Länder einen gemeinsamen Nenner zu finden. „In allen Ländern, ob groß oder klein, gibt es interne Debatten über Syrien.“ Mit Blick auf eine mögliche Militärattacke meinte der sonst so diskrete Belgier: „Zurzeit ist nur Frankreich bereit, (dabei) mitzumachen.“

Die Botschaft des konservativen EU-Politikers sollte wohl lauten: Die Europäer sind geeinter als es scheint. Deutlich schlimmer war es vor zehn Jahren, als der Irak-Krieg Europa tief und nachhaltig spaltete. Damals gehörte Frankreich zu der Ablehnungsfront gegen Washington.

Begeisterung schlägt US-Präsident Barack Obama in der herausgeputzten Heimatstadt seines russischen Amtskollegen Wladimir Putin nicht entgegen. Nur wenige G-20-Staatenlenker unterstützen vorbehaltlos seinen Kurs, Baschar al-Assad für die vermutete Giftgas-Attacke auf seine Bevölkerung mit Luftschlägen zu bestrafen. Rückenwind gibt es bisher aus Australien und der Türkei, die eine mehr als 800 Kilometer lange Grenze mit Syrien hat.

Große europäische Partner, die auch in der G 20 vertreten sind, melden hingegen deutlich Bedenken an. Dazu gehört auch Deutschland. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich beim Gipfel skeptisch. Sie sehe noch nicht, dass man zu einer gemeinsamen Haltung zum Beispiel im UN-Sicherheitsrat komme.

Die westlichen Demokratien sind in einer schweren Bredouille. Die misslungenen Kriege in Afghanistan und Irak kosteten Milliarden.

Viele Bürger sind nicht mehr bereit, Lasten für Militäreinsätze zu tragen, auch wenn in der Welt gefährliche Pulverfässer lodern. Großbritanniens Premier David Cameron kann ein Lied davon singen. Das Unterhaus hatte ihm mehrheitlich die Gefolgschaft für einen Syrien-Angriff verweigert.