Gewaltspirale in Syrien dreht sich weiter
Kairo/Beirut/Damaskus (dpa) - Das syrische Regime geht weiter brutal gegen seine Gegner vor. Trotz des Versprechens, die Gewalt rasch zu beenden, wurden am Samstag einer syrischen Menschenrechtsorganisation zufolge 14 Zivilisten getötet.
Zugleich gab es Anzeichen, dass sich die Regierung von Präsident Baschar al-Assad dem internationalen Druck beugt und erste Zusagen umsetzt. So ließ die syrische Führung nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana am Samstag die ersten 553 Gefangenen frei, die während der seit acht Monaten andauernden Proteste festgenommen worden waren. Die Freilassung erfolge anlässlich des am Sonntag beginnenden islamischen Opferfestes (Eid al-Adha), hieß es weiter.
Die Arabische Liga hat der syrischen Führung eine Frist von zwei Wochen eingeräumt, das Militär aus den Städten abzuziehen. Außerdem soll das Regime politische Gefangene freilassen und internationale Beobachter sowie Journalisten ins Land lassen. Weil die Regierung ihre Versprechen bisher so gut wie nie eingehalten hat, rief die Opposition für Sonntag zu einem Generalstreik auf.
Ein syrischer Regierungsvertreter stellte einen Rückzug der Streitkräfte aus Wohngebieten noch an diesem Wochenende in Aussicht. Der Vize-Außenminister Abdel Fattah Ammura sagte der britischen Tageszeitung „Daily Telegraph“ in einem am Samstag veröffentlichten Interview, er hoffe, dass dies noch vor dem Opferfest geschehe.
Ungeachtet aller Zusagen, ging das Blutvergießen am Samstag weiter. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten kamen allein in Homs zehn Menschen ums Leben. In der nordwestlichen Provinz Idlib wurden zudem vier Mitglieder einer regimetreuen Miliz vermutlich von Deserteuren aus der syrischen Armee getötet, hieß es.
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, ermahnte Syrien am Samstag erneut, die Gewalt zu beenden. Er warnte vor katastrophalen Konsequenzen für die gesamte Region, sollte der vereinbarte Plan scheitern.
Die syrischen Staatsmedien kritisierten unterdessen die US-Regierung scharf, weil sie Oppositionellen in Syrien davon abgeraten hatte, sich freiwillig zu stellen. Das Innenministerium in Damaskus hatte eine Amnestie für alle versprochen, die ihre Waffen bei der nächsten Polizeistation ablieferten und sich ergäben. Sie würden dann rasch wieder freigelassen, hieß es.
Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, verwies am Freitag auf die „lange Liste gebrochener Versprechen“ seitens des Regimes von Präsident Al-Assad. „Die syrische Regierung hat eine Amnestie angeboten?“ fuhr Nuland fort. „Das wäre ungefähr die vierte angebotene, seit ich mein Amt vor fünf Monaten angetreten habe. (...) Ich würde zu diesem Zeitpunkt niemandem raten, sich den Regimebehörden zu stellen.“