Was passiert nach EU-Austritt? Großbritannien hofft auf längere Brexit-Übergangsphase

London/Brüssel (dpa) - Die britische Regierung hofft auf eine Verlängerung der Übergangsphase nach dem Brexit. Das geht aus einem Dokument hervor, das vom Brexit-Ministerium in London veröffentlicht wurde.

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Das Land wird die EU im März 2019 verlassen. Während der Übergangszeit soll aber weitgehend alles beim Alten bleiben, um Behörden und Unternehmen mehr Zeit für die Umstellung zu geben. Brüssel will die Übergangsperiode bis Ende 2020 begrenzen.

Die Übergangsphase solle „einfach so lange dauern, wie notwendig, um neue Prozesse und neue Systeme in Gang zu setzen“, heißt es nun in dem Entwurf für das Austrittsabkommen aus London. Man sei mit einem Zeitraum von etwa zwei Jahren einverstanden, wolle aber über den genauen Endpunkt noch verhandeln.

Befürchtungen von Brexit-Befürwortern, die Übergangsphase könne zur Dauerlösung werden, versuchte Brexit-Staatssekretär Steve Baker zu zerstreuen. „Es wird ein festes Datum geben“, sagte er der BBC.

Spekuliert wurde auch, ob London Zugeständnisse hinsichtlich der Rechte von EU-Bürgern erwägt. In dem Papier ist keine Rede davon, dass die Rechte von EU-Bürgern beschnitten werden sollen, die während der Übergangsphase nach Großbritannien einwandern, wie es Premierministerin Theresa May noch vor wenigen Wochen gefordert hatte. Kommentatoren sahen das als Zeichen, dass London möglichst Steine auf dem Weg zu einer Einigung ausräumen will. Bis März soll ein entsprechendes Abkommen stehen.

„Eine Regierungsquelle gibt zu, dass Großbritannien seine Position zu den EU-Bürgern aufgeweicht hat“, twitterte die BBC-Korrespondentin Laura Kuenssberg. Ein Regierungssprecher wollte das auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur jedoch nicht bestätigen.

Jegliche Zugeständnisse an Brüssel drohen die Brexit-Hardliner in der Regierungsfraktion auf den Plan zu rufen. Wie die konservative Tageszeitung „The Daily Telegraph“ berichtete, erhöhten Brexit-Enthusiasten in der Regierungsfraktion erst Ende vergangener Woche den Druck auf May.

In einem Brief an die Regierungschefin, aus dem der „Telegraph“ zitierte, fordern 62 Abgeordnete der Regierungsfraktion einen klaren Bruch mit Brüssel. Andernfalls drohten die Parlamentarier damit, May die Gefolgschaft zu versagen, so der Bericht.

Das Land müsse nach dem Austritt im März 2019 frei sein von EU-Bestimmungen, lautet demnach eine Forderung der „European Research Group“. Hinter dem Namen verbirgt sich eine parlamentarische Lobby-Gruppe von Brexit-Hardlinern unter der Führung des exzentrischen Abgeordneten Jacob Rees-Mogg. Die Gruppe drängt außerdem darauf, dass London unmittelbar mit dem Brexit in der Lage sein soll, eigene Handelsabkommen abzuschließen. Mit beiden Forderungen dürfte London in Brüssel aber auf Granit beißen.

May verfügt nur über eine hauchdünne Mehrheit im britischen Unterhaus und ist von mehreren Seiten unter Druck. Am Donnerstag will sie sich dem „Telegraph“ zufolge zu einem Treffen mit Kabinettsmitgliedern auf den Landsitz Chequers zurückziehen und über eine Brexit-Strategie beraten. Das Kabinett ist tief gespalten zwischen Befürwortern eines klaren Bruchs mit der EU und denen, die für eine enge Anbindung an Brüssel nach dem Brexit plädieren.

Die EU will sich nach Angaben eines hohen Beamten bei ihrem Gipfel Ende März positionieren, wie sie sich die künftigen Beziehungen mit Großbritannien vorstellt. Man werde die bis dahin bekannten Vorstellungen aus London berücksichtigen. Doch beharre man nicht darauf, dass die britische Regierung zuerst ein Modell der künftigen Partnerschaft vorstellt, sondern werde in jedem Fall eine eigene Richtung vorgeben, hieß es in Brüssel.