Historischer Sieg: Rajoy soll Spanien aus Krise führen

Madrid (dpa) - Neuanfang in Spanien: Nach dem historischen Wahlsieg der konservativen Volkspartei (PP) soll deren Chef Mariano Rajoy das Land aus der schlimmsten Finanzkrise der Nachkriegszeit führen.

Der künftige Regierungschef warnt jedoch vor überzogenen Erwartungen.

„Wir werden keine Wunder vollbringen“, sagte der 56-Jährige. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bot Rajoy am Montag in einem Telefonat eine enge Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Krise an.

Die Finanzmärkte zeigten sich vom Erfolg der Konservativen nur wenig beeindruckt. Die Renditen der Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren sanken am Montag nur minimal, die Aktienkurse an der Madrider Börse gingen leicht zurück.

Rajoy folgt dem sozialistischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero, der auf eine Kandidatur für eine dritte Amtszeit verzichtet hatte. Trotz des Wahldebakels will Zapatero vorerst Chef der Sozialisten (PSOE) bleiben. Ein Parteitag solle dann Anfang Februar 2012 über die neue PSOE-Führung entscheiden, erklärte Zapatero am Montag in Madrid. „Für die Partei beginnt dann eine neue Etappe.“

Die konservative Volkspartei gewann bei der vorgezogenen Parlamentswahl nicht nur eine absolute Mehrheit, sondern erzielte auch das beste Ergebnis der Parteigeschichte. Nach dem vorläufigen Endergebnis erhielt sie 44,6 Prozent der Stimmen und 186 der insgesamt 350 Sitze, 32 mehr als 2008. Die Sozialisten, die das Land seit mehr als sieben Jahren regiert hatten, fuhren das schlechteste Resultat seit der Wiedereinführung der Demokratie nach dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975) ein. Sie bekamen 28,7 Prozent der Stimmen und 110 Mandate, etwa ein Drittel weniger als bisher.

Nach dem Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur Zapateros hatte die PSOE den früheren Innenminister Alfredo Pérez-Rubalcaba als Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt. Der Wahlverlierer forderte Zapatero als amtierenden PSOE-Parteichef in der Wahlnacht auf, einen Sonderparteitag einzuberufen, der über die neue Führung der Sozialisten entscheiden soll.

Rajoy, der bei den Wahlen 2004 und 2008 gegen Zapatero verloren hatte, will Spanien ein drastisches Sparprogramm verordnen. Im Wahlkampf hatte er Einschnitte in allen Bereichen mit Ausnahme der Renten angekündigt. „Ich werde Spanien aus dieser Krise herausbringen“, hatte der Parteichef der Konservativen im Wahlkampf versprochen. Nach seinem Wahlsieg rief der die Spanier zur Einigkeit im Kampf gegen die Krise auf. „Niemand muss uns fürchten“, sagte Rajoy. „Unsere Feinde sind die Arbeitslosigkeit, das Budgetdefizit, die überhöhten Schulden und die wirtschaftliche Stagnation.“

Zapatero hatte sich vorhalten lassen müssen, nicht angemessen auf die Krise reagiert zu haben. Spanien hat die höchste Arbeitslosigkeit in der EU. Die Wirtschaft stagniert, und die Schuldenkrise brachte das Land unmittelbar vor der Wahl wirtschaftlich an den Rand des Abgrunds. Wegen der Krise hatte Zapatero die eigentlich im März 2012 fällige Wahl vorgezogen.

Starke Stimmengewinne erzielte die Vereinte Linke (IU), die elf Sitze errang, mehr als fünfmal so viele wie 2008. Erstmals seit über einem Jahrzehnt werden auch wieder baskische Separatisten im spanischen Parlament vertreten sein. Der neu geschaffene Zusammenschluss Amaiur gewann auf Anhieb sieben Sitze und stieg - gemessen an der Zahl der Mandate - zur stärksten politischen Kraft im Baskenland auf. Die Wahlbeteiligung war mit 71,7 Prozent deutlich geringer als bei der vorigen Wahl 2008. Insgesamt waren 35,8 Millionen Spanier am Sonntag zur Stimmabgabe aufgerufen.

Die Wahlen waren die ersten in der jüngeren spanischen Geschichte, in denen die Gefahr des ETA-Terrors keine Rolle spielte. Die baskische Untergrundorganisation war in letzter Zeit durch Festnahmen führender Mitglieder so sehr geschwächt worden, dass sie sich zu einer „definitiven“ Abkehr von der Strategie des Terrors gezwungen sah.