Schwere Gefechte Hunderte Tote bei Kämpfen um ostafghanische Stadt Gasni

Kabul (dpa) - Nach vier Tagen schwerer Gefechte zwischen afghanischen Regierungstruppen und radikalislamischen Taliban um die östliche Provinzhauptstadt Gasni ist die Zahl der Toten auf mehrere Hundert gestiegen.

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Rund 100 von ihnen seien Sicherheitskräfte und 30 seien Zivilisten, sagte Verteidigungsminister Tarik Schah Bahrami am Montag. Zudem seien rund 200 Taliban-Kämpfer getötet worden. 50 Soldaten der Kommando-Einheiten, die vor zwei Tagen vermisst worden seien, seien dagegen wiedergefunden worden. Sie seien wohlauf.

Laut Bahrami kommen die Sicherheitskräfte nun aus vier Richtungen auf die Stadt zu, um sie von Taliban-Kämpfern zu befreien. Die Lage rund um Gasni werde sich innerhalb von 24 Stunden signifikant verbessern, sagte Bahrami.

Hunderte Talibankämpfer hatten am Freitag die Stadt gestürmt. Gasni liegt an einer wichtigen Nord-Süd-Straße, die die größten Städte des Landes verbindet, die Hauptstadt Kabul und Kandahar. Ihr Verlust an die Taliban wäre eine große Niederlage für die Regierung.

Über den Fortgang der Kämpfe gab es auch am Montag widersprüchliche Berichte. Laut einem Sprecher des US-Militärs, Martin O'Donnell, war Gasni-Stadt unter der Kontrolle der afghanischen Regierung. Isolierte Taliban-Kämpfer, die noch in der Stadt verblieben seien, könnten einen Zusammenbruch der Stadtverteidigung nicht herbeiführen.

Ein Parlamentarier für die Provinz Gasni, Tschman Shah Etimadi, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Taliban würden sich gerade freiwillig aus der Stadt zurückziehen. „Sie verlassen das Zentrum ohne Kampf.“

Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid widersprach beiden Aussagen. „Das ist völlig falsch, wir halten unsere Positionen nicht nur, sondern üben zusätzlich Druck auf die Sicherheitskräfte im Zentrum der Stadt aus“, sagte Mudschahid.

Aus der Stadt selbst dringen weiterhin praktisch keine Informationen, da bereits am Freitag Strom und Handyempfang ausfielen. Viele Afghanen beklagen in sozialen Medien, sie wüssten nichts über den Verbleib ihrer Familien vor Ort, ob sie in Sicherheit seien oder genug Essen und Wasser hätten.

Trotz des schweren Angriffs auf Gasni-Stadt hat die Regierung ihre Hoffnung auf einen weiteren Waffenstillstand mit den Taliban offenbar nicht aufgegeben. „Wir sprechen weiter über eine Waffenruhe“, sagte der Präsidentensprecher Schah Hussain Murtasawi zur Deutschen Presse-Agentur.

Mitte Juni war es in Afghanistan zu einer historischen kurzzeitigen Befriedung gekommen. Erstmals in mehr als 15 Jahren wurde landesweit eine Waffenruhe eingehalten. Allerdings gab es auch Kritiker, denn neben den drei Tagen Waffenstillstand, an den sich Taliban wie Regierung gehalten hatten, befolgte die Regierung fast drei Wochen lang eine einseitige Waffenruhe. Während dieser verteidigten sich die Sicherheitskräfte nur, führten aber keine Offensiven durch.

Lokale Kommentatoren warfen die Frage auf, ob es den Taliban durch den historischen Waffenstillstand im Juni leichter gefallen sei, sich in Gasni zu sammeln.

Der Angriff auf die Stadt Gasni war der zweite auf eine Provinzhauptstadt in Afghanistan in diesem Jahr. Die Taliban beherrschen laut Militärangaben knapp 14 Prozent des Landes, 30 Prozent seien umkämpft.