Iran will Regimewechsel in Syrien nicht hinnehmen
Damaskus/Teheran/Beirut (dpa) - Der Iran hat seine Unterstützung für das Assad-Regime in Syrien bekräftigt und will seinen Verbündeten unter keinen Umständen fallenlassen.
„Wir werden es nicht zulassen, dass irgendjemand die Achse des Widerstands (gegen Israel) zerbricht“, sagte der iranische Spitzenpolitiker Said Dschalili am Dienstag bei einem Besuch in Damaskus. Dort war er mit dem von einem bewaffneten Volksaufstand bedrängten syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zusammengetroffen. Die „Achse des Widerstands“ bezeichnet in der iranischen Diktion die israelfeindlichen Kräfte in der Region, zu denen neben dem Iran selbst und Syrien unter Assad die schiitische Hisbollah-Bewegung im Libanon und die radikal-islamische Hamas im palästinensischen Gazastreifen gehören.
Assad erklärte nach dem Treffen mit Dschalili, einem Vertrauensmann des iranischen Revolutionsführers Ajatollah Ali Chamenei: „Das syrische Volk und seine Regierung sind entschlossen, das Land von den Terroristen zu säubern und sie ohne Unterlass zu bekämpfen.“ Als „Terroristen“ bezeichnet das Assad-Regime die Aufständischen, deren Revolte keine Anzeichen eines Nachlassens zeigt. Am Vortag war Assads Ministerpräsident Riad Hidschab in Jordanien zu den Rebellen übergelaufen.
Dschalili beriet sich in Damaskus auch wegen der Verschleppung einer iranischen Pilgergruppe durch syrische Rebellen. Teheran werde „alle zu Gebote stehenden Mittel“ einsetzen, um die Geiseln freizubekommen, sagte er. Rebellen mit islamistischem Hintergrund hatten am Wochenende in Damaskus 47 iranische und einen afghanischen Pilger verschleppt. Sie unterstellen ihnen, Agenten der iranischen Revolutionsgarden zu sein. Der Iran bestreitet dies vehement.
Am Montag behaupteten die Geiselnehmer, dass drei der Iraner im Granathagel der Regimestreitkräfte getötet worden seien. Weitere Geiseln würden erschossen, wenn das Regime den Artilleriebeschuss nicht einstelle. Wo die Geiseln festgehalten werden, ist unbekannt. Iranische Politiker machten die USA, die Türkei, Saudi-Arabien und Katar - alles Länder, die die syrischen Rebellen unterstützen - für die Geiselnahme mitverantwortlich.
In dem nun auch international ausufernden Konflikt nimmt sich Teheran mehr und mehr in einer Rolle wahr, die es angeblich nicht spielen will. „Die USA und andere Länder, die die Rebellen unterstützen, versuchen, den Iran direkt in den syrischen Konflikt hineinzuziehen und ihn einer Konfrontation mit den arabischen Staaten näherzubringen“, erklärte der iranische Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast. Saudi-Arabien rivalisiert mit dem Iran um die Vorherrschaft am Golf.
Auch die Türkei unterstützt die Rebellen in Syrien. Die Geiselnahme sollte auch Thema beim Ankara-Besuch des iranischen Außenministers Ali Akbar Salehi sein. Er wurde am Dienstagabend beim türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu erwartet, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.
Nach dem Gespräch mit Dschalili sendete das staatliche syrische Fernsehen Bilder von dem Treffen. Es zeigte Assad zum ersten Mal seit fast drei Wochen in der Öffentlichkeit. Der syrische Machthaber ist in der Regel nicht häufig öffentlich zu sehen.
Im nordsyrischen Aleppo wurden nach Angaben des Staatsfernsehens am Dienstag mindestens 25 Aufständische bei schweren Kämpfen getötet. Die Rebellen hätten ein Kraftwerk angegriffen und seien zurückgeschlagen worden. Die Oppositionellen eroberten nach eigenen Angaben in zehnstündigen Kämpfen einen strategisch wichtigen Armee-Kontrollpunkt. Damit sollen sie nun eine Verbindung zwischen den von ihnen beherrschten Gebieten im Nordosten und im Zentrum der Stadt hergestellt haben.
Nach Angaben von Augenzeugen zog das Militär beträchtliche Truppenaufgebote mit einer großen Zahl von Geschützen rund um Aleppo zusammen. Allgemein werde eine weitere Großoffensive der Regimekräfte erwartet, hieß es. In früheren Angriffswellen während der mehr als zwei Wochen tobenden Schlacht um die nördliche Handelsmetropole konnte sich die Armee trotz waffentechnischer Überlegenheit nicht durchsetzen. Vielmehr verbuchten die Aufständischen Gebietsgewinne.
Den unbewaffneten UN-Beobachtern wurde es indes in Aleppo zu gefährlich. Quellen innerhalb der Vereinten Nationen bestätigten am Dienstag, dass die 20 Mann zum Hauptquartier nach Damaskus zurückkehren würden. Der Chef der Beobachtermission, General Babacar Gaye, zeigte sich „tief besorgt“ über das Schicksal der Menschen in Aleppo. „Ich dränge beide Seiten, Zivilisten zu schützen und sich an ihre völkerrechtlichen Pflichten zu halten“, sagte der Senegalese. Seit Beginn der Proteste gegen das Assad-Regime im März 2011 sollen nach UN-Angaben 17 000 Menschen ums Leben gekommen sein.