IS lässt entführte Syrer frei - Steinmeier fordert Luftbrücke
Damaskus (dpa) - Ein Großteil der Bewohner der syrischen Stadt Manbidsch, die beim Abzug der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) von den Dschihadisten entführt worden waren, ist wieder frei.
Die Zivilisten seien an den Rändern der Stadt und im Hinterland freigelassen worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstag mit. Die IS-Kämpfer hatten am Freitag nach Angaben eines kurdischen Militärsprechers rund 2000 Bewohner als menschliche Schutzschilde mitgenommen, als sie die heftig umkämpfte Stadt im Norden Syriens aufgaben.
Die Terrormiliz zog sich an die türkische Grenze zurück, in die Stadt Dscharablus, rund 35 Kilometer nördlich von Manbidsch. Mehr als zwei Monate hatte ein kurdisch geführtes Bündnis syrischer Kämpfer mit Unterstützung der USA versucht, Manbidsch zurückzuerobern. Die Stadt ist strategisch wichtig, weil durch sie eine Versorgungsroute in die IS-Hochburg Al-Rakka im Osten des Landes verläuft. Der IS kontrollierte Manbidsch seit 2014.
Auch in der geteilten Metropole Aleppo gingen die Kämpfe am Samstag weiter. Angesichts der dramatischen humanitären Lage in der Stadt regte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Errichtung einer Luftbrücke an. „Wenn beide Teile Aleppos weiter nicht hinreichend humanitär versorgt werden können, sollten wir auch die Möglichkeit von Hilfe aus der Luft prüfen, vor allem bei medizinischen Gütern“, sagte Steinmeier der „Welt am Sonntag“. Dies habe bereits in der ostsyrischen Stadt Dair as-Saur funktioniert.
Die Syrien-Kontaktgruppe habe sich bereits darauf geeinigt, „dass bei der systematischen Verweigerung von humanitärer Hilfe eine Versorgung aus der Luft in Erwägung gezogen werden kann“, betonte Steinmeier. Internationale Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Katastrophe in der umkämpften und zerstörten Stadt.
Die frühere Metropole Aleppo im Norden Syriens ist geteilt. Der Westen der Stadt wird von den Regimetruppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gehalten, der Osten von Aufständischen. Rebellengruppen unter Führung von Islamisten hatten erst vergangene Woche die mehrwöchige Belagerung des Ostteils gebrochen, konnten bislang aber keine sichere Passage in die Rebellengebiete errichten.
Der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, begrüßte die Errichtung einer Luftbrücke, forderte aber auch, dass Steinmeier den Vereinten Nationen dafür nun auch deutsche Unterstützung anbieten müsse, gegebenenfalls auch durch die Bundeswehr. Die humanitären Korridore hätten sich nur als weitere Schlinge für die Zivilbevölkerung erwiesen, sagte Nouripour. „Es ist der syrischen Bevölkerung nicht zu erklären, warum Flieger Bomben, aber keine Nahrungspakete abwerfen können.“
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) zeigte sich angesichts der Lage in Aleppo „fassungslos“. Wer die grauenhafte Lage der Zivilisten der Menschen dort ignoriere, begehe ein Verbrechen, sagte Müller dem Magazin „Focus“. Er forderte ein EU-Notprogramm für das Bürgerkriegsland und regte einen Umfang von zehn Milliarden Euro an. „Es ist beschämend, dass wir das nicht hin bekommen. Brüssel muss endlich handeln.“