Unesco: Kriegsverbrechen IS sprengt historische Bauten in Palmyra
Palmyra (dpa) - Die IS-Terrormiliz hat in Syriens Oasenstadt Palmyra erneut einzigartige archäologische Bauten in Schutt und Asche gelegt. Satellitenbilder der UN zeigten, dass Teile der Bühne und prächtigen Bühnenwand des römischen Amphitheaters zerstört wurden.
Auch das Tetrapylon liegt zu großen Teilen in Trümmern. Allerdings handelt es sich bei den meisten Säulen dieses typischen Monuments der römischen Architektur um moderne Nachbauten. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, die Bauten seien gesprengt worden.
Für die militanten Islamisten der IS-Terrormiliz sind die historischen Bauten Überreste aus der „Zeit des Unglaubens“, die aus ihrer Sicht vernichtet werden müssen. Die neuen Zerstörungen reihen sich in eine Serie ähnlicher Gewaltakte des IS ein.
Die Unesco verurteilte die Sprengung der Monumente als „Kriegsverbrechen“. Die Zerstörung sei „ein immenser Verlust für das syrische Volk und die Menschheit“, sagte Unesco-Chefin Irina Bokowa.
Die Oasenstadt gehört seit 1980 zum Unesco-Weltkulturerbe. Russland sprach von einer Tragödie. Syriens Militär gebe Palmyras Rückeroberung nicht auf, erklärte der Kreml.
Die Extremisten hatten Palmyra erstmals im Mai 2015 erobert. In den Monaten danach sprengten sie einzigartige, rund 2000 Jahre alte Bauwerke, darunter den Baal-Tempel und den Triumphbogen. Auch ein Teil der berühmten Säulenstraße wurde zerstört. Laut Unesco blieb die historische Stätte jedoch „zum größten Teil in ihrer Einheit und in ihrem ursprünglichen Charakter erhalten“.
Im März 2016 konnten syrische Regierungskräfte die Stadt mit Hilfe russischer Luftangriffe wieder unter Kontrolle bringen. Moskau strich seine Rolle in dem Bürgerkriegsland danach mit einem Sinfoniekonzert in Palmyras Amphitheater demonstrativ heraus. Für den Auftritt wurde das Orchester des St. Petersburger Mariinski-Theaters eingeflogen. Im vergangenen Dezember eroberte der IS Palmyra jedoch erneut.
Den Bilder des UN-Satellitenprogramms UNOSAT zufolge müssen die neuen Zerstörungen zwischen dem 26. Dezember und 10. Januar erfolgt seien. Lokale Quellen hatten zunächst berichtet, die historischen Stätten seien am Donnerstag zerstört worden.
Das Tetrapylon sei ein Symbol für den Geist der Begegnung und die Offenheit Palmyras - „und dies ist auch einer der Gründe, warum es zerstört wurde“, sagte Unesco-Chefin Bokowa. Von den 16 Säulen des massiv beschädigten Tetrapylons war allerdings nur eine ein Original, wie Andreas Schmidt-Colinet, Professor für Archäologie an der Universität Wien, der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Die anderen Säulen seien Anfang der 1960er Jahre rekonstruiert worden.
Die teilweise ebenfalls zerstörte Bühnenwand des Amphitheaters wurde bis Anfang der 1990er Jahre mit Originalteilen und modernem Material restauriert. Bei dem Giebel des Tores der Bühnenwand habe es sich um ein Original gehandelt, sagte Schmidt-Colinet.
Die IS-Anhänger brachten in Palmyra auch zahlreiche Gefangene um. Im August 2015 töteten sie unter anderem den früheren Chef-Archäologen der Stadt, Khalid Asaad, vor Dutzenden Zuschauern auf einem öffentlichen Platz. In dieser Woche meldeten Aktivisten, der IS habe dort zwölf Gefangene getötet, einige davon im Amphitheater.
Die Terrormiliz hat in Syrien mehrere Niederlagen erlitten, kontrolliert im Norden und Osten des Bürgerkriegslandes aber weiter große Gebiete. Regierungsanhänger versuchen derzeit, Palmyra wieder unter Kontrolle zu bringen.