Nachfolge von Hollande Kandidatenkür in Frankreich eskaliert zum Flügelkampf
Paris (dpa) - Im Ringen um einen Nachfolgekandidaten für den scheidenden Staatspräsidenten François Hollande sind die französischen Sozialisten in neue Turbulenzen geraten.
In der ersten Runde der Vorwahl setzte sich der frühere Bildungsminister Benoît Hamon überraschend an die Spitze. Der 49-Jährige vertritt radikale Forderungen wie ein Grundeinkommen für alle Franzosen von bis zu 750 Euro.
Der als „Frondeur“ (Aufrührer) geltende Hamon vom linken Flügel der Partei trifft nun in der Stichwahl am kommenden Sonntag auf den früheren Regierungschef Manuel Valls (54), der sich mit dem zweiten Platz begnügen musste.
Valls galt ursprünglich als Favorit. Doch Hamon lag nach Auszählung fast aller Wahllokale mit rund 36,4 Prozent gut fünf Prozentpunkte vor ihm. Hamon wird zudem vom Drittplatzierten Arnaud Montebourg unterstützt, der rund 17,5 Prozent erhielt. Damit erscheint ein Linksruck der Sozialisten vorgezeichnet.
Hamon sagte dem Rundfunksender France Inter am Montag, es gebe eine klare Botschaft der Wähler. „Der Wille, ein Kapitel abzuschließen, ist deutlich“, sagte er mit Blick auf die glücklose, 2012 begonnene Amtszeit Hollandes. Das von Hamon geforderte bedingungslose Grundeinkommen soll langfristig 750 Euro pro Monat erreichen. Die Kosten dafür werden auf mindestens 300 Milliarden Euro jährlich geschätzt.
Valls ließ seinerseits keine Kompromissbereitschaft erkennen. Es gehe jetzt um eine Entscheidung „zwischen nicht zu realisierenden und nicht zu finanzierenden Versprechen und einer glaubwürdigen Linken, die die Verantwortung für das Land übernimmt“. Valls bekräftigte gegenüber dem Radiosender RTL, er trete für eine europäische Energiesteuer auf US-Importe ein, falls der neue US-Präsident Donald Trump sich nicht an Vorgaben des Pariser Klimaabkommens vom Dezember 2015 halten sollte.
Am Mittwochabend treffen Valls und Hamon in einem TV-Duell aufeinander. Egal welcher der beiden Finalisten das Rennen macht: Umfragen für die Präsidentenwahl sehen ihn bislang abgeschlagen, zuletzt sogar auf dem fünften Platz. Als Favoriten für die Stichwahl im Mai gelten der Konservative François Fillon und die Rechtspopulistin Marine Le Pen von der Front National.
Sieben Politiker der Sozialisten und mehrerer verbündeter Kleinparteien hatten sich in der ersten Runde der Vorwahl beworben. Die Beteiligung lag bei etwa 1,6 Millionen Wählern. Wahlleiter Thomas Clay wies Kritik an den Zahlen zurück, die niedriger lagen als zunächst angenommen. Die Beteiligung war geringer als bei der linken Vorwahl vor fünf Jahren und deutlich niedriger als beim bürgerlichen Lager, wo im November mehr als 4 Millionen Menschen abstimmten.
Frankreichs Linke ist insgesamt zersplittert. Unabhängig von der Vorwahl bewerben sich unter anderen der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon und der aus der PS ausgetretene frühere Wirtschaftsminister Emmanuel Macron um das höchste Staatsamt. Macron konnte zuletzt in Umfragen Boden gutmachen und lag mit etwa 20 Prozent als „dritter Mann“ hinter Le Pen und Fillon.