Krieg der Worte im polnischen Wahlkampf

Kaczynskis antideutsche Ausfälle sorgen in Polen für einen Sturm der Entrüstung.

Warschau. Still ruhte der See. Über Wochen hinweg dümpelte der Wahlkampf in Polen vor sich hin. Bis Jaroslaw Kaczynski seine alte Feindschaft zu Deutschland neu entdeckte. Nun fegt ein Sturm der Entrüstung durch das Land. „Kaczynskis Blitzkrieg“, titelte die liberale „Gazeta Wyborcza“.

In seinem neuen Buch „Das Polen unserer Träume“ hatte Kaczynski geschrieben: „Ich glaube nicht, dass die Übergabe der Kanzlerschaft an Merkel reiner Zufall war.“ In Polen wurde der Satz als Anspielung verstanden, die Stasi habe die ostdeutsche Politikerin in ihr Amt befördert. Doch Kaczynski ging noch weiter. Er unterstellte Berlin imperiales Großmachtstreben.

Kaczynskis wichtigster innenpolitischer Widersacher, der rechtsliberale und deutschlandfreundliche Premierminister Donald Tusk, wies die Ausfälle mit kaum weniger deutlichen Worten zurück. „Kaczynski hat einen Krieg mit einem wichtigen EU-Land begonnen, bevor er die Wahlen gewonnen hat“, sagte Tusk und betonte: „Noch ist es ein Krieg der Worte.“

Kaczynski konterte mit dem Vorwurf, der Regierungschef buckele vor dem Nachbarn im Westen. „Mit jedem Staat, auch wenn er so stark ist wie Deutschland, sollte man Beziehungen in aufrechter Haltung pflegen“, sagte der Kandidat.

Der heftige Streit über die Deutschlandpolitik ist auf der Zielgeraden des Wahlkampfes zum alles überlagernden Thema geworden. Wer von dieser Zuspitzung profitiert, ist unklar.

Bislang lieferte sich die Kaczynski-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) in den Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Tusks Bürgerplattform (PO). Die PO hatte ursprünglich mit einer absoluten Mehrheit geliebäugelt. Doch in den vergangenen Wochen war es Tusk nicht gelungen, seine Anhänger zu mobilisieren.

Schnellprognosen nach Kaczynskis antideutschen Attacken signalisieren einen Rückgang der Werte für seine PiS. Experten erklären dies mit einer zusätzlichen Mobilisierung der Wähler anderer Parteien.

Sie seien aus ihrem Dornröschenschlaf aufgewacht. „Die PO bekommt den Sieg auf dem Tablett serviert“, glaubt sogar Kaczynskis früherer Wahlkampfmanager Michal Kaminski.