Wahl in Österreich Nach ÖVP-Sieg: Kurz hält sich Bündnisfrage offen
Wien (dpa) - Nach dem Rechtsruck bei der Parlamentswahl in Österreich hält sich ÖVP-Chef Sebastian Kurz alle Koalitionsvarianten offen. „Wir wollen Partner finden, um eine Veränderung voranzubringen“, sagte der 31 Jahre alte Wahlgewinner am Sonntagabend.
Als Bündnispartner kommen die rechte FPÖ oder die Sozialdemokraten infrage. Kurz schloss auch eine Minderheitsregierung nicht aus. Eine stabile Mehrheit wäre zwar schön, „wenn sich das nicht erfüllen lässt, gibt es noch andere Optionen“, kündigte Kurz an.
Die konservative ÖVP war mit 31,6 Prozent deutlich stärkste Kraft im Parlament geworden. Die Wahlbeteiligung stieg auf 79,5 Prozent an (2013: 74,9).
Einen Tag nach der Parlamentswahl in Österreich fallen noch wichtige Entscheidungen. Die Auszählung der meisten Briefwahlstimmen soll endgültige Klarheit darüber bringen, ob die SPÖ oder die rechte FPÖ auf dem zweiten Platz gelandet sind. Nach Hochrechnungen liegen die Sozialdemokraten nur knapp vor den Rechtspopulisten. Außerdem hoffen die Grünen, dass ihnen der Einzug ins Parlament doch noch gelingt. Die Hochrechnungen sehen die Grünen bei 3,9 Prozent. In Österreich gilt eine Vier-Prozent-Hürde.
Der Chef der Sozialdemokraten, Christian Kern, will sich als Gegenpol vor den erstarkten rechten Kräften im Land etablieren. „Es geht darum, ein offenes, modernes, demokratisches und vielfältiges Österreich zu verteidigen.“ Er kritisierte die Populismusspirale im Land, die von Parteien und Boulevardmedien beflügelt wurde. Eine erneute Regierungsbeteiligung mit dem bisherigen Koalitionspartner der ÖVP, mit dem es im Wahlkampf harte Auseinandersetzungen und gegenseitige Anzeigen gab, schloss er aber trotzdem nicht aus.
Die Sozialdemokraten kamen nach Hochrechnungen auf 26,9 Prozent und damit vor die rechte FPÖ mit 26 Prozent. Die liberalen Neos erzielten 5,1 Prozent. Die Liste des Grünen-Abtrünnigen schafften bei dem ersten Antritt 4,3 Prozent.
Wahlsieger Kurz steht genauso wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache für einen strikten Kurs in der Migrationsfrage und für eine restriktive Flüchtlingspolitik. Auch die EU solle sich nach Meinung der ÖVP und FPÖ auf Kernkompetenzen beschränken und nationalen Entscheidungen mehr Platz lassen. Damit vertreten die beiden Politiker einen völlig anderen Kurs als Kanzlerin Angela Merkel. Österreich hat in der zweiten Jahreshälfte 2018 den EU-Ratsvorsitz.
Lob für die Sieger kam aus Deutschlands rechtem Lager: „Ich freue mich, dass Österreich jetzt eine sehr starke konservativ-bürgerliche Mehrheit hat“, sagte die ehemalige AfD-Vorsitzende Frauke Petry.