Nairobi: Terroristen in Frauenkleidern
Islamisten-Kommando in Nairobi in die Enge getrieben.
Nairobi. Die Lage im von Islamisten besetzten Einkaufszentrum Westgate in Nairobi hat sich Sonntag dramatisch zugespitzt. Am Mittag stieg plötzlich dichter schwarzer Rauch aus dem Gebäude auf.
Kurz zuvor hatten Ohrenzeugen mehrere laute Explosionen gehört. Nach Angaben des Innenministeriums hatten die Terroristen das Feuer selbst ausgelöst, um die Einsatzkräfte zu verwirren. „Sie wollten versuchen zu fliehen“, sagte Militärchef Julius Karange. „Aber es gibt für sie kein Entkommen.“
Das Terrorkommando der somalischen Islamistenmiliz Al-Shabaab hatte am Samstag das Einkaufszentrum gestürmt. Nach neuen Angaben kamen 62 Menschen um, rund 175 wurden verletzt.
Bei Gefechten mit den Einsatzkräften, zu denen auch Scharfschützen gehörten, seien am Morgen zwei der Extremisten getötet worden, erklärte Innenminister Ole Lenku. Zehn Polizisten seien verletzt worden und würden behandelt. Jedoch verschanzten sich bis zum Nachmittag noch immer mehrere der zehn bis 15 Täter in dem Gebäude.
Dem Militär gelang es im Laufe des Tages, alle vier Stockwerke unter Kontrolle zu bringen. Die Täter hatten zudem offenbar nur noch wenige Geiseln in ihrer Gewalt. „Wir haben die Situation unter Kontrolle, es gibt keinen Grund zum Alarm“, erklärte Lenku.
Entgegen anderslautender Meldungen handelte es sich bei allen Tätern um Männer. Jedoch hätten sich einige von ihnen als Frauen verkleidet, um die Polizei in die Irre zu führen. Die Islamisten hatten das beliebte Einkaufszentrum am Samstag gestürmt und Geiseln genommen. Am Montag wurden immer noch 63 Menschen vermisst.
Militärchef Karange betonte, die Al-Shabaab-Terroristen stammten aus verschiedenen Ländern. Es handele sich um eine „multinationale Gruppe“. Er fügte hinzu: „Wir wissen, wer diese Leute sind. Wir kämpfen hier gegen globalen Terrorismus.“ Einzelne Nationalitäten nannte er nicht. Die finnische Regierung prüft derweil Berichte, ein Finne sei unter den Tätern.
Ein Sprecher des Al-Shabaab hatte am Sonntagabend einem somalischen Radiosender gesagt, die Gruppe werde nicht eher Ruhe geben, bis Kenia seine Truppen aus dem Nachbarland Somalia zurückziehe. Er drohte mit weiteren Anschlägen und fügte hinzu, die Dschihadisten in Westgate seien angewiesen worden, Geiseln zu töten, falls die Streitkräfte versuchen sollten, das Gebäude zu stürmen.
Unterdessen sank die offizielle Zahl der Todesopfer von 69 auf 62. Die neue Zahl wurde sowohl vom Roten Kreuz als auch vom kenianischen Innenministerium mitgeteilt. Beobachter befürchteten, dass es aber noch mehr Opfer geben könnte. Offenbar liegen in Westgate noch zahlreiche Leichen.
An der Geiselbefreiung sollen neben der nationalen Eliteeinheit Recce auch Spezialkräfte aus Israel und den USA beteiligt gewesen sein. Tourismusministerin Phyllis Jepkosgei Kandie versicherte Keniaurlaubern derweil, dass sie sich in ihrem Land sicher fühlen könnten.