Nato stoppt vorerst Truppenabzug aus Afghanistan
Brüssel (dpa) - Die Nato hat den Truppenabzug aus Afghanistan wegen der angespannten Sicherheitslage im Land vorerst gestoppt. Die Außenminister der Bündnisstaaten beschlossen in Brüssel, den Einsatz am Hindukusch im nächsten Jahr mit nahezu unverändertem Aufwand fortzuführen.
Rund 12 000 Soldaten werden damit die afghanischen Sicherheitskräfte beraten und ausbilden. Deutschland weitet sein Engagement sogar wieder aus und will sich mit bis zu 980 Bundeswehrsoldaten beteiligen. Zuletzt waren insgesamt 13 110 Soldaten für die „Resolute Support Mission“ gemeldet - davon 850 Bundeswehrsoldaten.
„Die afghanischen Streitkräfte haben bemerkenswerte Widerstandskraft und Mut gezeigt (...), aber es bleiben Herausforderungen und Lücken bei den Fähigkeiten“, kommentierte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Etliche Nato-Partner wie Deutschland und die USA hatten für 2016 eigentlich einen weitreichenden Truppenabzug geplant. Die anhaltende Gewalt der radikalislamischen Taliban-Rebellen und vor allem die vorübergehende Eroberung der nordafghanischen Provinzhauptstadt Kundus führten aber zu einem Umdenken.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, Deutschland setze sein Engagement fort, um weitere Rückschläge zu vermeiden. „Die Sicherheitslage ist nach wie vor schwierig“, sagte der SPD-Politiker.
Künftig ist vorgesehen, Ausbilder der Nato wieder verstärkt direkt in Krisenregionen einzusetzen. Zudem soll die Weitergabe von Aufklärungserkenntnissen an afghanische Sicherheitskräfte geprüft werden. So ließe sich möglicherweise verhindern, dass diese wie zuletzt in Kundus von Angriffen überrascht werden. Eine Rückkehr zu einem Kampfeinsatz schloss Stoltenberg allerdings aus. Seit Ende 2014 haben die Nato-Truppen keinen Auftrag mehr, die Taliban aktiv zu bekämpfen.
Steinmeier betonte, dass die afghanische Regierung Gegenleistungen für die Hilfe der internationalen Gemeinschaft erbringen müsse. „Wir erwarten umgekehrt Fortschritte bei den nach wie vor dringend erforderlichen Reformen in Afghanistan“, sagte er. Zudem müsse es Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung und beim Versöhnungsprozess mit den Aufständischen geben.