Neue Kämpfe in Syrien dämpfen Hoffnung auf Waffenruhe

München/Moskau/Aleppo (dpa) - Neue Hoffnungen auf eine baldige Waffenruhe im blutigen Syrienkonflikt sind von schweren Kämpfen überschattet worden. Unmittelbar nach Gesprächen über eine baldige Feuerpause in München bombardierte die russische Luftwaffe nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten Orte nördlich der Stadt Homs.

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Mindestens 16 Zivilisten sollen bei den Angriffen ums Leben gekommen sein. Für Ernüchterung sorgten zudem Aussagen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in einem Interview der französischen Nachrichtenagentur AFP. Der Machthaber ist demnach zur Rückeroberung ganz Syriens entschlossen. „Es ist nicht logisch zu sagen, dass es einen Teil unseres Landes gibt, auf den wir verzichten“, sagte er in einem am bereits am Donnerstag geführten Gespräch.

Russland, die USA und wichtige Regionalmächte wie Iran, die Türkei und Saudi-Arabien hatten sich in der Nacht zu Freitag in München auf das Ziel einer Feuerpause in Syrien geeinigt. Binnen einer Woche sollen demnach die Waffen schweigen.

Die Milizen Islamischer Staat und Al-Nusra-Front sollen jedoch weiter bekämpft werden können. Zudem einigte sich die Münchner Konferenz darauf, dass jetzt schnell humanitäre Hilfe in belagerte Orte gelangen soll. In Genf wurde eine neue Task Force für humanitäre Hilfe zusammengerufen, die sich um die Hilfsoperationen für die notleidende Bevölkerung kümmern soll.

Die syrische Opposition und Rebellen zeigten sich skeptisch, dass das Assad-Regime sich zu einer Feuerpause bereiterklärt. Man wolle „Taten statt nur Worte“, sagte ein Sprecher des in Saudi-Arabien ansässigen Hohen Verhandlungskomitees (HNC) am Freitag. Zwar begrüßte er die Einigung, aber: „Versprechen haben wir satt.“

Die Regierung in Damaskus reagierte zunächst noch nicht. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte: „Das Wichtigste ist, dass Regierung und Opposition der Waffenruhe zustimmen.“

Die Aufständischen glauben nicht an den Plan der sogenannten Syrien-Unterstützergruppe, eine Waffenruhe binnen einer Woche zu erreichen. „Das Regime und seine russischen Verbündeten sind entschlossen, den gesamten Norden Aleppos zu zerstören, ehe sie eine Feuerpause am Boden umsetzen“, sagte Abu Terki, ein Kommandeur der Aufständischen in der Region.

Moskau dementiert immer wieder, bei seinen Angriffen auch Zivilisten zu treffen. Die Luftangriffe richteten sich nur gegen Terroristen. Moskau unterstützt damit das Regime von Machthaber Baschar al-Assad. Dem seit fünf Jahren dauernden Bürgerkrieg sollen über 250 000 Menschen zum Opfer gefallen sein, Millionen sind auf der Flucht.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nannte die Verständigung von München einen „Funken Hoffnung“. Aber: „Die angekündigte Waffenruhe muss sich in den Straßen von Aleppo erfüllen. Denn wer wirklich Frieden will, der muss nicht wochenlang warten“, sagte die Ministerin in ihrer Rede zur Eröffnung der Münchner Sicherheitskonferenz.

Bei den Gesprächen dort sind Bemühungen um ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien einer der Schwerpunkte der Gespräche. Bis Sonntag beraten mehr als 30 Staats- und Regierungschefs sowie etwa 60 Außen- und Verteidigungsminister über diesen und andere Krisenherde.

Deutschland und Großbritannien appellierten an Russland, die Zeit bis zu einer Waffenruhe nicht für Angriffe auf gemäßigte Gegner des Assad-Regimes zu nutzen. Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz sagte: „Den Worten müssen nun aber auch Taten folgen. Hier sieht die Bundesregierung in erster Linie Russland in der Pflicht.“

Zuletzt war die syrische Armee nördlich von Aleppo flankiert von russischen Luftangriffen vorgerückt. Über 500 Menschen sollen getötet worden sein, Zehntausende sind geflohen.

Russland und die USA wollten schon eine Arbeitsgruppe für die Umsetzung der Waffenruhe in Syrien bilden. Diplomaten und Militärvertreter beider Seiten würden sich erstmals in Genf treffen und dann regelmäßig tagen, sagte Lawrow. Er forderte die rasche Wiederaufnahme der Syrien-Friedensgespräche in Genf.

Im dem seit fast fünf Jahren tobenden Bürgerkrieg gab es bislang nur Feuerpausen in einigen Dörfern, aber keine Waffenruhe im ganzen Land.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu wies darauf hin, dass die Münchner Vereinbarungen auch für die Eindämmung der Flüchtlingskrise wichtig sein könnten: „Wenn wir das Blutvergießen in dieser Region nicht stoppen können, dann werden sich noch weitere Flüchtlinge auf den Weg zu uns machen.“