Neue türkische Angriffswelle gegen IS und PKK

Istanbul/Berlin (dpa) - Die Türkei hat neue Angriffswellen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und erstmals offiziell auch gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK geflogen. Deren Lager seien im Nordirak ins Visier genommen worden, teilte die Regierung in Ankara mit.

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Die PKK warf der Türkei vor, damit die seit 2013 weitgehend eingehaltene Waffenruhe gebrochen zu haben und rief ihre Anhänger zum Kampf auf. Beobachter sprachen von einem Krieg Ankaras an zwei Fronten.

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„Die Operationen gehen so lange weiter, so lange die Türkei bedroht wird“, kündigte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu an. Mit ersten Angriffen auf IS-Stellungen in Syrien hatte die Türkei am Freitag eine radikale Wende vollzogen und ihre jahrelange Zurückhaltung gegenüber dem IS aufgegeben. Die Terrormiliz, die auch im Internet mit Propagandavideos sehr aktiv ist, reagierte zunächst nicht auf die militärische Eskalation.

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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen begrüßte die militärische Beteiligung der Türkei am Kampf gegen die Terrormiliz. „Es ist wichtig, dass sich auch die Staaten der Region gegen den IS-Terror engagieren und sich über Religionsgrenzen hinweg gegen diesen barbarischen Terror stellen“, sagte die CDU-Politikerin der „Bild“-Zeitung (Samstag). Sie bezeichnete den Kampf gegen den IS als sehr ernst und langwierig. „Es ist richtig, dass auch wir uns weiterhin mit der Unterstützung der (kurdischen) Peschmerga im Irak daran beteiligen.“

Der Präsident der Kurdischen Autonomieregion im Nordirak, Massud Barsani, verlangte ein Ende der türkischen Luftangriffe gegen PKK-Angehörige. Die kurdische Nachrichten-Webseite Bas News zitierte dabei Quellen, wonach Barsani mit Davutoglu gesprochen und Ankara sowie die PKK gedrängt habe, ihre Differenzen durch Verhandlungen beizulegen. Davutoglu wies demnach darauf hin, dass Barsani sein Einverständnis für Luftangriffe gegen die PKK gegeben habe. Linken-Politiker warnten in Berlin, Ankara nutze die Lage, um militärisch gegen die PKK und die kurdische Zivilbevölkerung vorzugehen.

Die türkischen Angriffe auf PKK-Lager werfen die Frage auf, welcher Stellenwert den kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) - einer Schwesterorganisation der PKK - beigemessen wird. Schließlich kommt den Volksschutzeinheiten beim Kampf gegen den IS in Nordsyrien besondere Bedeutung zu. Die Kurden haben dem IS empfindliche Niederlagen beigebracht.

Auslöser der jüngsten Eskalation waren ein Anschlag in der südlichen Stadt Suruc mit mehr als 30 Toten, für den der IS verantwortlich gemacht wird, und Gefechte mit IS-Kämpfern. Die Dschihadisten kontrollieren große Gebiete im Norden Syriens und im Irak. Die PKK hatte am Mittwoch nach eigenen Angaben zwei Polizisten im Bezirk Ceylanpinar erschossen. Die Organisation nannte die Tat eine Vergeltung für den Suruc-Anschlag, sie warf den Beamten Kollaboration mit dem IS vor.

Der IS sei „die Hauptbedrohung der nationalen Sicherheit“, erklärte das türkische Außenministerium. Ab sofort beteilige sich die Luftwaffe des Landes am US-geführten internationalen Militäreinsatz gegen die Terrormiliz. Vom IS befreite Gebiete im Norden Syriens sollten „freie Zonen“ werden, sagte der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu.

Zugleich erhielten die USA nach langem Drängen die Erlaubnis, Stützpunkte in der Türkei für Angriffe auf die Extremisten zu nutzen. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, sagte, die USA könnten von der strategisch wichtigen Basis Incirlik aus bemannte und unbemannte Einsätze starten.

Zeitgleich mit den Angriffswellen gingen türkische Sicherheitskräfte bei Razzien in Istanbul und anderen Städten gegen mutmaßliche Anhänger des IS sowie der PKK vor. Dabei wurden nach türkischen Angaben fast 600 Menschen festgenommen. In der Türkei wuchs die Angst vor weiteren Anschlägen.

Der Konflikt zwischen PKK und türkischer Regierung dauert seit über 30 Jahren an, Zehntausende starben. Beide Seiten bemühen sich um einen Friedensprozess, der jedoch immer wieder ins Stocken gerät. Im März 2013 hatte die PKK einen Waffenstillstand ausgerufen.

Neben der Ausbildung der kurdischen Peschmerga im Nordirak sind Bundeswehr-Soldaten unter anderem mit zwei Feuereinheiten des Abwehrsystems „Patriot“ auch im türkischen Kahramanmaraş stationiert. Von dort aus sollen sie den Nato-Partner vor Raketenangriffen aus Syrien schützen. Das Kontingent umfasst 400 Soldaten. Der Ort ist rund 100 Kilometer von Syrien entfernt. Die Entwicklung vor Ort werde sehr genau beobachtet, sagte von der Leyen der „Bild“.