Plagiatsvorwürfe treiben Ungarns Präsidenten aus dem Amt
Das ruhmlose Ausscheiden von Pal Schmitt ist auch ein Warnzeichen für den umstrittenen Ministerpräsidenten Orban.
Budapest. Er kämpfte bis zum Schluss um das höchste Staatsamt. Doch dann ließ die sonst so gefügige Fraktion der rechten Regierungspartei Fidesz (Bund Junger Demokraten) den ungarischen Präsidenten Pal Schmitt hängen. Selbst sein Förderer, der sonst allmächtig scheinende rechts-konservative Ministerpräsident Viktor Orban, machte ihm achselzuckend klar, dass er nichts mehr für ihn tun könne. So reichte Schmitt gestern schließlich den Rücktritt ein und ersparte dem Land weitere quälende Diskussionen.
Der ehemalige Olympiasieger im Mannschaftsfechten stand mit seiner Wahrnehmung längst isoliert da. Was ihm als sportlicher Kampfgeist erschien, war für die Außenwelt längst schon eine unwürdige Übung, die sich im Kleinreden von schweren, längst erwiesenen Plagiatsvorwürfen erschöpfte. „Mein Gewissen ist rein“, meinte der Mann, der mindestens 197 Seiten seiner 215 Seiten starken Dissertation über die Geschichte der olympischen Bewegung von anderen Autoren abgeschrieben hatte.
Doktorväter und Prüfkommission seiner damaligen Uni hätten keine Einwände erhoben, verteidigte sich Schmitt. Hätte er tatsächlich die ihm zur Last gelegten Sünden begangen, hätte er selbst keine Schuld daran, erklärte der Präsident gestern, bevor er den befreienden Satz aussprach: „Ich gebe mein Mandat zurück.“ Den von Orban geführten Fidesz betrachten viele Kritiker in Ungarn als einen Kasernenhof, in dem eiserne Disziplin herrscht, in dem der Oberkommandierende die Anweisungen über eine klar definierte Befehlskette ausgibt.
Bis zum Wochenende hielt Orban an Schmitt fest, den er 2010 ins Amt gehievt hatte und der ihm als williger Gegenzeichner fragwürdiger Gesetze unschätzbare Dienste erwiesen hatte. Doch als die moralische Krise um Schmitt unerträglich wurde, geschah Unerhörtes: die Parteisoldaten begannen zu murren, sogar ihre Stimme zu erheben.
Aber auch das akademische Umfeld der Partei rebellierte. Nicht zuletzt besteht der Senat der Budapester Semmelweis-Universität, der Schmitt am Donnerstag den Doktortitel entzog, mehrheitlich aus konservativ gesonnenen Professoren. Doch der Ruf ihrer Alma mater war ihnen in diesem Fall wichtiger als die Loyalität zu einem Akteur des eigenen politischen Lagers.
Für Orban ist das ruhmlose politische Ende Schmitts ein Warnzeichen. Erstmals musste er jemanden fallenlassen, dessen einzige Qualität darin bestand, seinen politischen Machtambitionen rückhaltlos zu dienen.