Prozesswelle gegen Bürgerrechtsaktivisten in China

Tianjin (dpa) - In den Prozessen gegen kritische Stimmen in China ist ein weiterer Aktivist verurteilt worden. Ein Gericht in der nordchinesischen Stadt Tianjin verhängte eine dreijährige Haftstrafe auf Bewährung gegen Gou Hongguo.

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Er wurde der „Untergrabung der Staatsgewalt“ für schuldig befunden. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. Gou Hongguos Verurteilung nach einer halbtägigen Verhandlung folgte auf die ebenso schnell abgehandelten Prozesse gegen drei weitere Aktivisten und Menschenrechtsanwälte in dieser Woche. Sie alle wurden seit rund einem Jahr festgehalten, als die Sicherheitsbehörden zum Schlag gegen inzwischen mehr als 300 Bürgerrechtsanwälte, Mitarbeiter von Kanzleien und Aktivisten und deren Angehörige ausholten.

Wie Xinhua berichtete, bekannte sich Gou Hongguo für schuldig und will das Urteil nicht anfechten. Experten gehen davon aus, dass ihm so eine härtere Strafe erspart blieb.

Gou habe laut Xinhua Behörden von Treffen mit ebenfalls festgenommenen Anwälten berichtet, die darüber gesprochen haben sollen „wie die Partei und das sozialistische System bekämpft werden können“.

Laut der Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders begann der Geschäftsmann vor drei Jahren damit, Menschenrechtsverletzungen in China öffentlich im Internet anzuprangern und sich für die Förderung der Demokratie zu engagieren. Auf Druck von lokalen Behörden sei Gou Hongguo gezwungen worden, seine Firma zu schließen und mit seiner Familie aus dem gemeinsamen Haus auszuziehen. Seiner Frau sei es während der Haft nicht erlaubt gewesen, ihren Mann zu besuchen und seinen Gesundheitszustand zu prüfen. Er müsse täglich Medikamente gegen Bluthochdruck einnehmen.

Bereits am Dienstag war der Menschenrechtler Zhai Yanmin zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Mittwoch folgten siebeneinhalb Jahre Haft für den Aktivisten Hu Shigen und am Donnerstag ein Urteil über eine Haftstrafe von sieben Jahren für den prominenten Bürgerrechtsanwalt Zhou Shifeng.

Menschenrechtler kritisierten die Verfahren scharf. „Diese Welle von Prozessen gegen Anwälte und Aktivisten ist eine politische Farce. Ihr Schicksal war besiegelt, bevor sie in den Saal traten, und es gab keine Chance, dass sie jemals ein faires Verfahren erhalten würde“, sagte Roseann Rife von Amnesty International. „Die chinesischen Behörden scheinen darauf bedacht, jeden zum Schweigen zu bringen, der legitime Fragen über Menschenrechte stellt und das Rechtssystem nutzen will, um sie zu verteidigen.“

Von den mehr als 300 Anwälten und Aktivisten, die seit vergangenem Juli verfolgt wurden, sind nach Schätzungen von Menschenrechtlern derzeit noch knapp zwei Dutzend in Haft.