Ring frei! - Indiana ebnet den Weg für Duell Clinton/Trump

Indianapolis (dpa) - In Indiana beschäftigen sich die Menschen in dieser Zeit des Jahres normalerweise hauptsächlich mit zwei Dingen: dem Wetterbericht, der im Frühjahr häufig Tornados ankündigt, und dem weltberühmten Autorennen, den 500 Meilen von Indianapolis.

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Doch 2016 ist alles anders: Der Bundesstaat im Mittleren Westen hat am Dienstag politische Geschichte geschrieben. Die Wähler in Indiana haben den Weg für die Präsidentschaftskandidatur des schillernden Baulöwen Donald Trump geebnet und damit für ein pikantes Polit-Duell um das Weiße Haus: Trump gegen Hillary Clinton.

Trump gewann in Indiana so klar, so überzeugend, so vernichtend - seinem parteiinternen Gegenspieler bei den US-Republikanern, Ted Cruz, blieb nichts mehr übrig als die Flinte ins Korn zu werfen. Indiana war seine letzte Chance. Trump stahl ihm sein Kerngebiet.

Einen Tag später stieg auch der letzte Verbliebene von einst 17 Republikaner-Bewerbern aus: John Kasich beendete seine Wahlkampagne. Cruz hatte den Spagat zwischen erzkonservativen Thesen und Anbiederung ans Establishment nicht geschafft. Kasich hatten Mittel und Charisma gefehlt, um die Wähler zu erreichen.

Donald Trump, das Phänomen, das Feindbild der politisch Etablierten in den USA und in fast aller Welt, der Politkasper - er ist der einzige verbliebene Bewerber. Der Immobilienmilliardär, noch nie in ein politisches Amt gewählt, wird nun die restlichen Vorwahlen mit dem Finale am 7. Juni in Kalifornien gewinnen, wohl alle Delegierten einstreichen und sich mit einer satten Mehrheit im Rücken im Juli in Cleveland zum Kandidaten küren lassen.

Trump ist der erste Nicht-Politiker seit Dwight D. Eisenhower, der sich ernsthaft um das Oval Office bemüht. Er ist auch der erste Kandidat, der für seine eigene Gegnerin gespendet hat - Trump unterstützte den Wahlkampf Clintons 2008 gegen Barack Obama.

Seinen Anhängern ist das alles genauso egal wie sein teils flegelhaftes Verhalten. „Trump ist eine Marke, jeder kennt ihn und jeder kennt ihn so, wie er ist“, sagt die Politikwissenschaftlerin Amanda Friesen von der Universität in Indianapolis.

Trump will ein starkes Militär, er will Protektorismus im Außenhandel. Muslime sollen möglichst wegbleiben und an der Grenze zu Mexiko soll eine Mauer entstehen. Trump bleibt mit seinen programmatischen Aussagen so vage, dass er politisch kaum einzuordnen ist.

Obamacare, die von Barack Obama eingeführte Gesundheitsvorsorge, will er abschaffen. „Wir ersetzen sie durch etwas Besseres“, betont er. Einzelheiten? Fehlanzeige. Vor allem ausländische Beobachter sehen ihn als Rechtsaußen. Dem konservativen Republikaner-Lager ist er deutlich zu links und hebt sich nicht genug von Hillary Clinton ab.

Wer sich für Trump begeistert, neigt wie sein Idol zu gewagten Thesen. „Er wird mehr Frieden für die Welt bringen“, sagt Julie Davies (58) aus Carmel bei Indianapolis. „Wenn wir stärker werden, wird auch der Rest der Welt stärker.“

Bisher ist Wladimir Putin der einzige namhafte ausländische Staatsmann, der eine mögliche Präsidentschaft Trumps öffentlich begrüßt hat. Viele andere halten ihn eher für ein Risiko. „Ich kann nur hoffen, dass der Wahlkampf in den USA nicht an den Realitäten vorbeigeht“, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kürzlich mit wenig diplomatischer Zurückhaltung.

„Republikanische Wähler lieben es, wenn ihre vorgefertigte Meinung bestätigt wird“, sagt Politikwissenschaftlerin Friesen. Ein Bildungsproblem treffe auf ein Einkommensproblem, sagte sie der dpa.

Zur Marke Trump gehört auch die Sprunghaftigkeit. Seine Mitbewerber, die er tags zuvor noch verhöhnt hatte, lobte er nach ihrem Ausstieg für ihre Hartnäckigkeit. Ja, er hofft sogar auf ihre Unterstützung. „Ted Cruz hat eine sehr gute Kampagne gefahren, wir können sehr viel von ihm lernen“, beteuerte ein enger Trump-Berater am Mittwoch.

Monatelang hat Trump etwa damit geworben, seinen Wahlkampf nicht mit Spenden zu finanzieren, um unabhängig zu sein. Nach dem Sieg in Indiana war der Spendenaufruf einer seiner ersten Schachzüge. „Ich müsste ein paar Immobilien verkaufen, um mich selbst zu finanzieren und ich weiß nicht ob ich das will“, betonte er im Interview des Senders MSNBC.

Für seine Partei ist die bevorstehende Kandidatur Trumps eine mittlere Katastrophe. In den sozialen Medien erhalten bereits Kreise Zulauf, die Namen tragen wie „Republicans for Hillary“. Viele Anhänger der Grand Old Party überlegen ernsthaft, von der Fahne zu gehen. In Umfragen sagten etwa zehn Prozent, sie würden für die Demokraten stimmen. Andere rufen zur Einheit auf.

Das Partei-Establishment scheint Trump inzwischen als das kleinere Übel zu sehen. Möglicherweise richtet man den Blick schon auf 2020. Die Chancen auf einen Sieg im Herbst sind, so hat die „Washington Post“ kürzlich errechnet, ohnehin bescheiden - ganz unabhängig vom Kandidaten. Die Republikaner hätten es nicht geschafft, neue Wählerschichten zu erschließen. So wählen inzwischen fast alle Schwarzen und die allermeisten Latinos in den USA demokratisch.

Nach der Analyse der der „Washington Post“ braucht Clinton am 8. November nur jene 19 Staaten zu gewinnen, die die Demokraten in den zurückliegenden sechs Wahlen immer gewonnen haben - plus Florida. Dort führt sie in Umfragen mit 13 Punkten vor Trump.

Die ehemalige Außenministerin allerdings ist beschädigt. Nicht zuletzt die Tatsache, dass sie Bernie Sanders in den eigenen Reihen nicht wirksam abschütteln kann, zeigt, wie verletzlich die frühere First Lady ist. Möglicherweise muss sie sich auf dem Parteitag im Juli in Philadelphia sogar einer Kampfkandidatur stellen.

Trump machte schon am Mittwoch mächtig Druck. „Sie sollte gar nicht antreten dürfen“, sagte er mit Blick auf die Diskussion um von Clinton auf einem privaten Server verschickte Dienst-Emails. Clinton entkomme der Strafverfolgung nur, weil sie von den Demokraten in Schutz genommen werde. Die Schlammschlacht, Teil 2, hat schon begonnen.