Ruhanis Gespräch mit Obama entzweit den Iran
Washington (dpa) - Nach jahrzehntelanger Eiszeit bahnt sich zwischen den USA und dem Iran Tauwetter an. US-Präsident Barack Obama telefonierte am Freitag (Ortszeit) mit dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani.
Es sei der erste direkte Kontakt auf dieser Ebene zwischen beiden Länder seit der iranischen Revolution 1979 gewesen, sagte Obama vor Journalisten in Washington. Beide Seiten hätten ihre Bereitschaft betont, die Verhandlungen zur Lösung des Atomstreits voranzutreiben.
Das Telefonat, das einige US-Kommentatoren als historisch bezeichneten, dauerte nach US-Angaben 15 Minuten. Im Zentrum habe der Streit um das iranische Atomprogramm gestanden. Unklar war, von welcher Seite die Initiative für das Gespräch ausging.
Er habe seine Hoffnung bekräftigt, „dass wir eine umfassende Lösung erzielen können“, sagte Obama mit Blick auf das Atomprogramm. Beide Seiten seien sich aber der Herausforderungen bewusst, die vor ihnen lägen. „Ich glaube, dass es eine Grundlage für eine Lösung gibt“, meinte Obama.
Obama sagte weiter: „Die Tatsache an sich, dass dies die erste Kommunikation zwischen einem amerikanischen und einem iranischen Präsidenten seit 1979 war, unterstreicht das tiefe Misstrauen zwischen unseren Ländern. Aber es weist auch auf die Aussicht hin, uns über diese schwierige Geschichte hinwegzubewegen.“
Ruhani und er hätten ihre jeweiligen Teams angewiesen, weiterhin gemeinsam mit internationalen Partnern schnell auf eine Vereinbarung hinzuarbeiten. „Und während dieses gesamten Prozesses werden wir in engem Kontakt mit unseren Freunden und Verbündeten in der Region, einschließlich Israel, bleiben“, fügte Obama hinzu.
Ruhani habe angedeutet, dass der Iran nie Atomwaffen entwickeln werde. Er selbst, Obama, habe klar gemacht, dass die USA das Recht des iranischen Volkes auf eine friedliche Nutzung der Kernenergie respektierten. Fortschritte im Atomstreit könnten den Iran auch von den Lasten der internationalen Sanktionen befreien, so Obama. Der Westen argwöhnt, dass der Iran unter dem Deckmantel seines zivilen Atomprogramms versucht, Atomwaffen zu bauen. Dies wird von Teheran vehement bestritten.
Beide Seiten behaupteten, die Initiative für das Gespräch sei von der jeweils anderen Seite ausgegangen. „Auf dem Weg zum Flughafen (in New York) wurde uns mitgeteilt, dass Präsident Obama an einem kurzen Telefongespräch mit mir interessiert sei“, sagte Ruhani am Samstag bei seiner Rückkehr nach Teheran. Dagegen heißt es auf US-Seite, der Iran habe das Gespräch angeregt. Es sei „herzlich“ und „konstruktiv“ gewesen, sagte US-Sicherheitsberaterin Susan Rice. Die israelische Regierung sei informiert gewesen, erklärte ein US-Regierungsbeamter.
Zunächst hatte der Iran den Wunsch der USA nach einem persönlichen Treffen zwischen Obama und Ruhani am Rande der UN-Vollversammlung abgelehnt. Beide Länder haben seit der Geiselnahme von über 50 Amerikanern in Teheran 1979 keine diplomatischen Beziehungen mehr - das Geiseldrama dauerte damals über ein Jahr.
Der neue Kurs Ruhanis scheint die Menschen im eigenen Land zu spalten. Bei seiner Rückkehr wurde er auf dem Flughafen in Teheran von Anhängern und Gegnern begrüßt. Sympathisanten riefen: „Ruhani, wir danken dir“. Gegner skandierten: „Nieder mit Amerika“ und „keine Kompromisse mit den USA, sondern nur Kampf“. Ein Mann versuchte, Ruhani mit einem Schuh zu treffen - was im Iran als schwere Beleidigung gilt. Ruhani versuchte, die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen: „In der Außenpolitik sollte man eine gewisse rationale Flexibilität haben, ohne jedoch die Prinzipien und nationale Würde zu vergessen“, sagte er. Dies sei auch der Standpunkt des obersten Führers, Ajatollah Ali Chamenei, der von ihm vor seiner Reise nach New York eine „heroische Flexibilität“ gefordert habe.