Russland blockiert Syrien-Lösung wie im Kalten Krieg
Außenminister Lawrow überschüttet den Westen und Annan mit Vorwürfen. Panzer fahren in Damaskus auf.
New York/Damaskus. Es wirkt wie einst im Kalten Krieg: Nahezu unversöhnlich sitzen sich West und Ost im Weltsicherheitsrat gegenüber. Wie ist der blutige Syrienkonflikt zu lösen? Während das Töten weitergeht, finden die UN-Vetomächte in dieser entscheidenden Frage nicht zueinander. Mehr noch: Der Ton zwischen Russland und China auf der einen Seite sowie dem Westen auf der anderen verschärft sich.
Und auch bei seinem Treffen am Dienstag mit Kremlchef Wladimir Putin wird der UN-Sondergesandte Kofi Annan wohl nicht vorankommen. Das Votum über neue Resolutionsentwürfe im Weltsicherheitsrat in dieser Woche droht zur Farce zu werden.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow zeigt sich üblicherweise gewohnt stoisch — kurz vor seinem Treffen mit Annan gestern, der ihm ein Zugeständnis entlocken will. Doch Moskaus Chefdiplomat gibt sich überhaupt nicht diplomatisch, sondern haut richtig auf den Putz: Der Westen erpresse Russland und provoziere einen Bürgerkrieg in Syrien. Es ist eine volle Breitseite auf die „westlichen Partner“ — und ein Affront gegen Annan. Der frühere UN-Generalsekretär könne sein Flugzeug gleich wieder umkehren lassen, spotten Beobachter nach Lawrows Tirade.
Dabei will sich Russland als „ehrlicher Makler“ präsentieren. Erst vor kurzem empfing Lawrow mehrere syrische Oppositionelle, dann verkündete Moskau überraschend den Verzicht auf Waffenlieferungen an das Regime in Damaskus. Russland sei vermutlich das einzige Land, das mit allen Seiten Gespräche führe, lobte sich Lawrow selbst. Auch das ist ein Vorwurf gen Westen, der alle Brücken zur Führung um Präsident Assad abgebrochen hat.
Das syrische Volk müsse über Assads Schicksal selbst entscheiden, wird Lawrow nicht müde zu wiederholen. Der wichtige Zusatz: Der Präsident habe noch immer die Mehrheit im Land hinter sich. So schnell lässt die Führung in Moskau seinen Partner also nicht fallen.
Derweil hat die Gewalt auch die syrische Hauptstadt Damaskus erreicht. Deserteure und andere Kämpfer der Opposition zeigten sich auf den Straßen. Die Muslimbruderschaft erklärte, die Kämpfe hätten bereits mehrere Viertel in der Innenstadt erreicht. Panzer sind in der Altstadt aufgefahren. Die Islamisten werteten die Kämpfe als Zeichen dafür, dass der Sturz des Regimes von Präsident Baschar al Assad bevorstehe.